Die Baumaßnahmen am Harztor in Northeim zwingen Autofahrer lange Umleitungen zu nutzen. Dabei haben sie die Qual der Wahl: Entweder nehmen sie die K 409 über Lagershausen und Mandelbeck nach Katlenburg, oder die K414 über Sudheim und Suterode. Auffallend oft schaffen es einige Fahrer mit ihren zerstörten Fahrzeugen in die Nachrichten. Die Northeimer Polizei schaut deshalb genau hin, die Statistik überrascht allerdings.

Kaputte Straßen und wilde Tiere

Mindestens noch bis November bleibt das Harztor in Northeim geschlossen. Im nächsten Bauabschnitt passen nicht mal mehr Rettungswagen und Busse hindurch. Pendler aus oder in die Harzregion kennen diese Situation schon seit mehr als einem Jahr. Wer sich nicht verbotenerweise doch mit dem eigenen Auto durch die Baustelle mogelt, kann auf zwei Umleitungsstrecken ausweichen. Sowohl die Kreisstraße 414 über Sudheim, als auch die K 409 über Lagershausen und Mandelbeck überlässt die Fahrer ab Katlenburg wieder ihrem Schicksal – und in Richtung Osterode mit den nächsten Vollsperrungen.

Ausgeschildert und als Umleitungsstrecken vorgesehen sind allerdings beide nicht, sagt Daniel Ahrenbog von der Northeimer Polizei. „Die derzeitige Verkehrsmenge können die Kreisstraße gut abfedern und darstellen.“ Vor allem die Fahrbahndecke der K409 über Mandelbeck leide stark unter den vielen Fahrzeugen. „Eine Anpassung der Geschwindigkeit aufgrund der Straßenschäden wurde durch die Straßenmeisterei Northeim veranlasst“, so Ahrenbog. Für Lastwagen ist die Durchfahrt komplett untersagt. Der Schwerlastverkehr nimmt entweder die Strecke über Suterode oder nutzt die Autobahn.

Vor allem in der Anfangszeit und der an der Bundesstraße 3 bei Sudheim aufgestellten Ampelanlage kam es in diesem Bereich immer wieder zu Unfällen. Erst vor wenigen Wochen übersah eine Autofahrerin aus Richtung Bühle ein Stoppschild, zwei Fahrer wurden verletzt. Tatsächlich haben die Beamten seit dem Start der Baustelle mehr Unfälle auf beiden Strecken registriert. Kurz gesagt hängen diese aber auch mit dem gesteigerten Verkehrsaufkommen grundsätzlich zusammen. Außerdem, so Ahrenbog, handelt es sich insbesondere im Bereich Mandelbeck bei gut 40 Prozent der Unfälle um Zusammenstöße mit Wild.

Ganz viele Zahlen

Auf der Kreisstraße 409 zwischen Lagershausen und Katlenburg zählen die Verkehrswächter seit Oktober 2020 genau 20 Verkehrsunfälle. Dreimal haben sich dabei Menschen verletzt, einmal auch schwer. 13-mal war Wild der Grund, zweimal wurde die Vorfahrt missachtet. Einmal hat ein Überholmanöver nicht funktioniert, drei Fahrer waren zu schnell und einer wählte die falsche Fahrbahnseite.

Im Vorjahr zählten die Beamten im gleichen Zeitrum nur zwölf Verkehrsunfälle auf derselben Strecke.

Zwischen Sudheim, Suterode und Katlenburg wurden hingegen 32 Verkehrsunfälle gezählt. Achtmal haben sich dabei Menschen verletzt, zweimal sogar schwer. Neunmal war hier Wildwechsel Schuld, sechsmal waren die Verursache auf der falschen Fahrbahnseite unterwegs. Gleich zwölf Autofahrer waren zu schnell unterwegs, zweimal hat ein Überholvorgang nicht funktioniert und ebenfalls zweimal war der Abstand zum Vorherfahrenden zu klein.

Ein Jahr vorher im selben Zeitraum zählten die Beamten zwölf Verkehrsunfälle.

Die durch die Baustelle gesperrte direkte Strecke zwischen Northeim und Katlenburg blieb allerdings auch nicht unfallfrei. Zehnmal krachte es hier, neunmal war dabei Wild schuld. Im Vorjahr wurden im selben Zeitraum noch 25 Unfälle gezählt, ein Mensch kam dabei ums Leben.

Wenige Kontrollen

Die Beamten haben alle Strecken auch weiterhin im Blick, sagt Ahrenbog. Aber: „Eine lückenlose Verkehrsüberwachung ist nicht möglich, daher sind Prioritäten zu setzen und Schwerpunkte zu bilden.“ Die Beamten konzentrieren sich daher auf Unfallschwerpunkte. Das sind laut Ahrenbog im Landkreis Northeim „weiterhin die Außerortsstrecken. 2020 fanden fast alle Unfälle mit schwersten Folgen auf den Kreis-, Land-, Bundesstraßen statt.“

Im Bereich der Kreisstraße 414 wurde dreimal schwerpunktartig kontrolliert. Gemessen wurde zwischen Suterode und Katlenburg, dort sind 70 km/h erlaubt. Innerhalb von 19 Stunden hatten laut Ahrenbog 5.534 Autos die Messstelle passiert. 140-mal hat der Blitzer ausgelöst. „Die durchschnittliche Quote der Verstöße lag mit 2,5 Prozent deutlich unter der, die andere Messstellen vorweisen“, so das Fazit der Verkehrsüberwachung.

Wie gefährlich sind die Strecken?

Eines vorweg; „Ein ungewöhnliches besonderes Verhalten der Fahrzeugführer ist nicht festzustellen“, sagt Daniel Ahrenbog. Tatsächlich gibt es bei vielen Autofahrern aber die subjektive Wahrnehmung, das einige Autofahrer sich nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzung oder die Abstände halten. Messbares gibt es dazu – bis auf die gestiegene Verkehrsdichte – aber nicht.

Anders sieht es da aber direkt an der Harztor-Baustelle aus. „In Anbetracht der vorhandenen Möglichkeiten und gesetzlichen Vorgaben gibt es leider keine Alternative zu der, von der Stadt Northeim als Verkehrsbehörde angeordneten Vollsperrung“, so die Einschätzung der Northeimer Polizei. Die Beamten haben laut Ahrenbog also keine andere Mögliochkeit, als die Durchfahrt zu ahnden. „Eine lückenlose Überwachung der Örtlichkeit ist aber nicht darstellbar“, betont Ahrenbog. Vor allem Anwohner wünschen sich tägliche Kontrollen. Die Bauarbeitenden drohten sogar mit Streik. 

Die Autofahrer, die erwischt werden, seien laut Polizei aber einsichtig. „Der Verkehrsteilnehmer äußert sicherlich ab und zu seinen Unmut über die Situation, ist aber bislang einsichtig und mit den Maßnahmen einverstanden“, so Ahrenbog.

1 Kommentar

  1. Baken beiseite räumen und nicht wieder zurück an Ort und Stelle bringen, sondern einfach weiterfahren; unzählige Rotfahrten an der Ampel; Geschwindigkeitsübertretungen en masse; Powersound in den Nachtstunden und vieles mehr müssen die Anwohner im Bereich ertragen – dagegen sind der Trennschleifer und der Bagger der Bauarbeiter in den Morgenstunden wie Musik in den Ohren.
    Sollen sich die Beamten mal bitte nachts hinstellen (am besten in zivil).
    Dann sehen sie, wie „einsichtig“ die Autofahrer sind.
    Mehrfach wurden hier Streifenwagen beobachtet, wie sie rein gar nichts unternehmen. Selbst wenn im Dunkeln auswärtige Kennzeichen mit defektem Abblendlicht entgegenkommen, oder auch leuchtende Smartphone-Displays.
    Das tangiert die Beamten nicht im geringsten.
    Absolut rücksichtsloses und ignorantes Verhalten der Autofahrer. Da helfen bald nur noch Krähenfüße.

    Die Stadt Northeim ihrerseits reagiert auch nur mit Schulterzucken. Das Ordnungsamt sieht man hier selten und nach 16 Uhr schon gar nicht. Lieber platziert man zwei Zeitarbeiter ohne jede Befugnisse, die sich dann allerhand Beleidigungen und Nötigungen bis hin zur Tätlichkeit gefallen lassen müssen.
    Auch hier ist keine Einsicht der Fahrer zu erkennen.
    An die Sicherheit der Passanten wird auch überhaupt nicht gedacht. Es gibt keine Möglichkeit, die Straße sicher zu überqueren (keine Ampel oder Zebrastreifen). Wer den Friedhof zu Fuß besuchen möchte (meistens handelt es sich hier um betagte Menschen), begibt sich regelrecht in Lebensgefahr bei den rücksichtslosen Rasern, die im Minutentakt widerrechtlich die Baustelle passieren. Radfahrer leben hier auch ungesund, jedoch hat man hier wenigstens eine Alternative Route eingerichtet.

    Erst kürzlich haben wir eine junge Mutter mit ihrem Jungen auf dem Arm beobachtet, der dem Bagger vom Gehweg aus beim Arbeiten zuschaute. Ein ungeduldiger Rowdy hatte keine Lust zu warten, bis der Bagger den Weg freigibt und hat kurzerhand selbigen Gehweg als Möglichkeit genutzt das Hindernis zu umfahren und verfehlte die Mutter mit ihrem Kind nur knapp – eine atemberaubende Szene.

    In den Nachtstunden ist das Begehen des Harztors zu Fuß auch nur etwas für hartgesottene Adrenalin-Junkies. Die Stadt Northeim hat sich in ihrer Weisheit dazu entschieden, die Laternen auszuschalten, was die Begehung zu einem wahren Abenteuer mit Nervenkitzel-Garantie werden lässt. Bei all den Löchern und Bauschutt, der quer über die Gehwege verteilt liegt, kommt man sich fast vor, als würde man durch ein kambodschanisches Minenfeld waten.

    Wir Anwohner hoffen jedenfalls, dass es zur Vollsperrung kommt und die Baufirma streikt. Also eine Bitte an alle Chaoten :
    Macht bitte weiter wie bisher, dann haben wir vielleicht bald endlich wieder Ruhe!

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