Neun Spieler verlassen die Mannschaft von FC Eintracht Northeim zum Saisonende, darunter vor allem Stammkräfte und Leistungsträger. Nach dem Rückzug des Hauptsponsors im vergangenen Jahr muss der Verein kräftig sparen. Auch beim Vorstand wurde zuletzt der Rotstift angesetzt und die hauptamtlichen Stellen gestrichen. Der junge Traditionsverein muss sich nun komplett neu erfinden. Die Verantwortlichen sprechen gar von einer Chance, es jetzt noch besser machen zu können.
Optimistisch bleiben
Der Verein selbst spricht davon, sich für die kommende Spielzeit „komplett neu“ ausrichten zu wollen. Gelingen soll das vor allem mit Spielern aus dem eigenen Nachwuchs. „Dieser kulturelle, sportliche und finanzielle Umbruch hat zur Folge, dass wir uns auch mit zum Teil langjährigen Spielern nicht auf eine Vertragsverlängerung einigen konnten“, heißt es in einer Mitteilung des Vereins. Konkret: teure Spieler will und kann sich die Eintracht nicht mehr leisten.
Verlassen werden den Verein Christian Horst, Thorben Rudolph, Melvin Zimmermann, Linus Baar, Hanno Westfal, Julian Kratzert, Richard Hehn, Cetin Erbek und Maurice Fiolka. Für die Dienste will sich der Verein am Saisonende dankbar zeigen und die Spieler verabschieden. Wann genau die Saison aber zu Ende ist und sich diese Gelegenheit bietet, ist aufgrund der Corona-Krise nicht abzusehen.
Das dieser Umbruch nun auch in der Mannschaft so passiert, überrascht den Vorstand nicht. Man habe sich aber zumindest erhofft, das er weniger deutlich ausfällt, erzählt Vorstandssprecher Moritz Braukmüller. Jedem dieser neun Abschiede gingen Einzelgespräche voraus. Aufgrund der Corona-Einschränkungen aber nur im Video-Chat. „Wir denken, dass wenn wir persönlich hätten miteinander sprechen können, der eine oder andere doch geblieben wäre“, vermutet Braukmüller. Insbesondere der nachrückende Nachwuchs hätte vielleicht von der Erfahrung einiger Spieler profitieren und lernen können. Nun muss der Nachwuchs sofort selbst Verantwortung übernehmen.
So geht es weiter
Beim Umbau des Vereins will man aus dem Sponsoren-Rückzug seine Lektion gelernt haben, betont Braukmüller. Man werde sich in Zukunft nicht mehr von nur einer Geldquelle allein abhängig machen. „Selbst, wenn er uns angeboten wird. Wir wollen den goldenen Koffer nicht mehr.“ Diese neue Philosophie hatte man bereits kurz nach dem Sponsoren-Schock auf den Weg gebracht. Aber wie sieht er nun aus, der FC Eintracht Northeim der Zukunft?
„Unser Ziel ist es, dass der Verein wirtschaftlich weiterhin gut dasteht“, sagt Braukmüller. Diesbezüglich sei der Rotstift bisher sehr erfolgreich gewesen. Teure Spielerverträge laufen aus, werden nicht verlängert. Geschäftsführer Tim Schwabe und der sportliche Leiter Philipp Weißenborn sind nicht mehr hauptamtlich beim Verein angestellt. Sie bleiben dem Verein im Ehrenamt erhalten. Und genau auf diese Karte will der Verein in Zukunft wieder setzen: Ehrenamt. Aber ist das nicht ein Rückschritt? Noch vor zwei Jahren wurde ganz anders über die Zukunft gesprochen. Der Verein wollte noch professioneller werden, strukturell und sportlich. „Das ist sicherlich eine Frage des Betrachtungswinkel“, sagt Braukmüller. Nehme man als Ausgangspunkt die Situation von vor zwei Jahren – Promi-Besuch, Business-Plan, Relegation um den Aufstieg, Pokalspiele – sei das ein deutlicher Rückschritt.
Mehr Northeim
Aber für den Weg, den der Verein nun gehen will, „bringt uns das jetzt nach vorn“, sagt Braukmüller. Aktuell laufen Gespräche mit Spielern der zweiten Mannschaft und der A- und B-Jugend. In frühestens drei Wochen sei der Verein laut Braukmüller dann so weit, die Mannschaft für die neue Saison zu präsentieren. Wichtig sei aber auch, wie sich der Verein selbst bis dahin verändert. Indem der Nachwuchs nun für die erste Mannschaft in die Pflicht genommen werde, erhoffe man sich einen stärkeren Bezug zur Stadt und den Menschen in Northeim. „Wir wollen die Region noch stärker abbilden“, sagt Brauckmüller. „Trotzdem ist es unser Anspruch, so hoch wie möglich zu spielen.“ Er bestätigt aber auch die Aussagen von Tim Schwabe von vor einem Jahr: „Aber nicht um jeden Preis.“
Mehr Schultern
Die großen Namen werden also nicht mehr eingekauft, sondern kommen aus den eigenen Reihen. „Wir wollen die Ausbildung weiterentwickeln. Sowohl für die Spieler, als auch die Trainer“, zeichnet Braukmüller ein erstes Bild von der neuen Eintracht. Außerdem soll zur Jahreshauptversammlung ein neues Vorstandsmodell verabschiedet werden. „Wir wollen weg von einer starren Hierarchie. Das neue Modell arbeitet mit einzelnen Resorts, die sich miteinander abstimmen.“ Diese Resorts umfassen auch Aufgabenfelder wie Marketing oder soziales Engagement. So sollen Verantwortung und Belastung auf so viele Schultern wie möglich verteilt werden. Vorstand und Geschäftsführung agieren ebenfalls ehrenamtlich. Ursprünglicher Termin für die Versammlung war im Juni, aufgrund der Corona-Pandemie wird dieser aber verlegt.
Krise in der Krise
Ob und wie diese Maßnahmen wirken, wird sich frühestens zur neuen Saison auf dem Rasen zeigen. Wann diese Saison allerdings beginnt, ist offen. „Die Gerüchte gehen in alle Richtungen“, sagt Braukmüller. Er gehe aber davon aus, das die Saison 2019/2020 nicht mehr angepfiffen wird und keine Mannschaften absteigen. Die 1. Herrenmannschaft könnte davon massiv profitieren. Derzeit wartet die Eintracht auf einem Relegationsplatz das Saisonende ab. So bleibt genug Zeit, soziales Engagement voranzutreiben.