Ursprünglich erwarteten sie nur einige Hundert, doch am Freitag versammelten sich rund eintausend Menschen auf dem Münsterplatz. Ihr gemeinsames Ziel: Ein klares Zeichen gegen Rechtsextremismus, Antidemokratie und insbesondere gegen die AfD zu setzen. Eintausend Lichter, eintausend Stimmen, eintausend Menschen für Northeim.

Gegen die Provokation

Nach den bundesweiten Protesten mit Millionen Menschen auf den Straßen am vergangenen Wochenende schloss sich nun auch die Stadt Northeim dem Engagement an. Ein breites Bündnis aus Stadtpolitik, Vereinen, Kirchen und Bürgern rief für den vergangenen Freitag zu einer Menschenkette rund um den Münsterplatz und vor dem Bürgersaal auf. Die Northeimer AfD hatte dem rechtsextremen Björn Höcke vor etwa einer Woche einen erfundenen Graf-Otto-Preis überreicht und die Rhumestadt als „Kraftzentrum der AfD“ bezeichnet. Diese Provokation sollte nicht unbeantwortet bleiben, so die Hoffnung Initiatoren.

Demokratie ist Streit

Rund 1.000 Menschen schlossen sich dieser Meinung an und trotzen Sturm und Regen mit selbst gemachten Plakaten, um ein klares Zeichen zu setzen. Superintendent und Mitinitiator Jan von Lingen brachte es auf den Punkt: „Was in Thüringen verfassungsfeindlich ist, darf in Northeim nicht hoffähig sein. Das ist nicht mein Northeim. Aber wir haben das Recht zu sagen: So ist Northeim nicht. So sind wir nicht.“ Gleichzeitig lud von Lingen die anwesenden AfD-Anhänger ein, ihre Meinung zu hören und am demokratischen Dialog teilzunehmen. „Hört unsere Meinung, hört unseren Streit. Das macht die Grundfesten der Demokratie aus.“

Keine Hoffnung für rechts

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Frauke Heiligenstadt beschwor das „Nie wieder“ und wünschte sich viele Handylichter in der Dunkelheit als Symbol für mehr Zusammenhalt. „Damit können wir ein Zeichen setzen für mehr Miteinander. Es ist gut, dass alle da sind.“ Sie sieht keine Hoffnung, keinen Wunsch nach Neuem und einem besseren morgen bei der AfD. „Deswegen sind wir heute hier. Wir brauchen keine Alternative für Deutschland. Wir gehören zusammen.“ Ihre Grünen-Kollegin Karo Otto stellte klar, dass Northeim keine „Kraftzelle für Rechtsextremismus“ sei. Die Pläne, Millionen Menschen aus der Bundesrepublik zu deportieren, betrachtete sie als Angriff auf die Menschenwürde aller. „Diesem Angriff müssen wir uns entgegenstellen. Im Bundestag, auf der Straße, am Gartenzaun und am Küchentisch müssen wir den Rechten widersprechen.“

Fotoaktion und Pläne für den Bürgersaal

Konkrete Pläne für den Bürgersaal kündigte Bürgermeister Simon Hartmann an. Er möchte den Raum auch in Zukunft für alle politischen Events offenhalten und schlägt vor, dass diese im Vorfeld öffentlich gemacht werden müssen. Zudem ermutigte er alle Menschen in Northeim, an einer Fotoaktion teilzunehmen. „Schnappen Sie sich einen Freund, machen Sie ein Selfie und zeigen Sie dem Internet die gute Seite von Northeim“, lautete sein Aufruf. Frank Marquard, Kreisvorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes, betonte: „Millionen Menschen gehen in Deutschland auf die Straße. Wir müssen noch lauter werden – und die Politik muss handeln. Man macht keine gemeinsame Sache mit der AfD!“

Suchet der Stadt Bestes

Das letzte Wort an diesem Abend hatte noch einmal Superintendent Jan von Lingen. „Wir sind uns der historischen Verantwortung gerade in Northeim bewusst.“ In den 1930er Jahren war die Rhumestadt tatsächlich eine Hochburg der Nationalsozialisten. Ein neu aufgelegtes Buch mit dem Titel „Das haben wir nicht gewollt! – Die nationalsozialistische Machtergreifung in einer Kleinstadt 1930-1935“ fasst dies zusammen. „Wir wollen nicht noch einmal sagen: Das haben wir nicht gewusst. Das haben wir nicht gewollt. Nein! Wir wissen das, gerade jetzt und heute.“ Demokratie lebe von gegensätzlichen Meinungen und vom Streit. Er wünsche sich daher einen Graf-Otto-Preis, der diesen Namen verdient, und der im politischen Konsens von einer breiten Mehrheit beschlossen wird und jeden würdigt, der sich um die Gesellschaft verdient gemacht hat. Zum Abschied griff der Kirchenmann doch noch einmal zur Bibel. „Suchet der Stadt Bestes“, steht bei Jeremia 29:7. Suchet der Stadt Bestes!

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