Nicht nur die Grippewelle schlägt derzeit heftig zu. Auch Corona ist in der Region noch nicht verschwunden. Der Landkreis Northeim meldete vor rund einer Woche die bundesweit höchste Corona-Inzidenz. Auch heute ist die Region noch in den Top 10 vertreten. Auf Nachfrage bemühen sich die Kreisverwaltung und die Gesundheitsdienste um Leiterin Dr. Regina Pabst an einer Erklärung. Die Argumente passen dabei zwar zu einer gefühlten Wahrheit, sind faktisch kaum nachzuweisen oder wissenschaftlich umstritten.

Die Zahlen

Vergangene Woche war der Landkreis Northeim mit einer 7-Tage-Inzidenz von 667,1 einsame Spitze. Genau 879 Neuansteckungen wurden dem Robert-Koch-Institut gemeldet. Insgesamt gehört das Land Niedersachsen zu dem Bundesland mit den höchsten Ansteckungszahlen. Laut NDR betreffen die aktuellen Ansteckungen vor allem ältere Menschen. Hinzu kommen vermehrte Ansteckungen mit der Grippe und Influenza, wie Zahlen des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes zeigen. In der zweiten Januarwoche scheinen sich die Werte wieder stabilisiert zu haben. Mit einer Inzidenz am Dienstag von 313 und 413 Neuansteckungen innerhalb einer Woche haben sie sich sogar mehr als halbiert. Am Donnerstag reicht es mit 374 Neuansteckungen allerdings wieder für Platz zwei Bundesweit. 

Die Bewertung

Trotzdem gehört der Landkreis Northeim damit zu den Kreisen bundesweit mit den höchsten Werten. Die Gesundheitsdienste haben dafür eine Erklärung, die sogar eine ordentliche Portion Eigenlob enthält. „Bei den veröffentlichten Zahlen macht die Dunkelziffer inzwischen einen großen Anteil der Infektionen aus“, heißt es auf Nachfrage aus dem Kreishaus. Die Gesundheitsdienste gehen demnach davon aus, dass die tatsächlichen Ansteckungszahlen im gesamten Bundesgebiet noch höher sind.

Die anderen testen weniger?

Schuld daran, dass die Northeimer die Liste zeitweise anführen, seien schlussfolgernd „das Bewusstsein der Bevölkerung, wann man sich auf Covid testen lassen sollte“ und die nach wie vor vorhandenen Testmöglichkeiten. So wurde der Betrieb der vom Landkreis betriebenen Testzentren in Einbeck und Nörten-Hardenberg bis März verlängert. „Der Landkreis Northeim ist noch gut mit Testmöglichkeiten ausgestattet“, heißt es dazu aus dem Kreishaus. „Gerade eine gute Testverfügbarkeit kann ein Grund dafür sein, vergleichsweise höher in der Statistik zu liegen“, so die offizielle Bewertung der aktuellen Zahlen.

Ist das Immunsystem nicht mehr im Training?

Die Gesundheitsdienste des Landkreises Northeim geben auch den Schutzmaßnahmen während der Pandemie eine Teilschuld daran, dass sich jetzt viele Menschen – mit oder ohne Covid-Infektion – krankmelden müssen. „Unter normalen Bedingungen kommt man häufig mit unterschiedlichsten Atemwegserregern in Kontakt und trainiert dabei das Immunsystem“, so die Behauptung. „Derzeit gibt es sehr viele Atemwegsinfektionen, vor allem Grippe, Covid, RSV (Respiratorische Synzytial-Virus) und andere Viren“, bestätigt das Kreishaus. „Die Corona-Schutzmaßnahmen haben sehr gut gegen alle Atemwegserreger geholfen, sodass dem Immunsystem nun das „Training“ fehlt.“ Doch die Idee einer sogenannten Immunschuld ist umstritten. Einzelne Experten halten diese Theorie sogar für Unsinn. Viele der jetzt erkrankten Kinder hätten aufgrund ihres Alters beispielsweise nie eine Maske getragen.

Impfen, und dann ist jeder selbst verantwortlich

Schlussendlich erinnert auch die Gesundheitsdienste an die Eigenverantwortung der Menschen. Maßnahmen wie aus der Vergangenheit, beispielsweise Freiheitseinschränkungen, stehen nicht zur Debatte. Die Verantwortlichen in Northeim vertrauen vor allem in die Impfungen gegen das Corona-Virus. „Die hohe Bevölkerungsimmunisierung hat dazu beigetragen, dass es in Deutschland zwar weiterhin Erkrankungen gibt, diese aber deutlich milder verlaufen“, heißt es dazu aus dem Kreishaus. Aus Sicht der Kreisverwaltung habe man alles getan, was nötig ist. „Mit dem Impfzentrum und später den stationären Impfangeboten sowie mit den mobilen Impfteams wurde jeder Person im Landkreis ein Impfangebot unterbreitet und damit ein wichtiger Beitrag zur Immunisierung unserer Einwohner*innen geleistet“.

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