Wenn junge Menschen etwas wissen wollen, schauen sie im Internet, in sozialen Medien und lassen sich die Welt von Influencern erklären. Vor allem bei der Berufswahl, denn kaum ein Unternehmen ist nicht bei Instragram und Co. vertreten und gewährt den Zuschauenden einen Blick hinter die Kulissen. Der Berufs-Info-Markt in Northeim ist seit mehr als 40 Jahren der absolute Gegenentwurf zu dieser These. Nach ein paar schwächeren Auftritten vor und während der Corona-Pandemie, scheint die Berufe-Messe in den Räumen der BBSII in Northeim aber zu alter Stärke zurückgefunden zu haben. Warum, klärt ein kurzer Rundgang und eine große Bildergalerie in diesem Artikel.

Rund 120 Aussteller sind in diesem Jahr dabei, sagt Alexander Schramm vom Landkreis Northeim. Er und sein Team sind in den vergangenen Wochen noch einmal aktiv auf die Betriebe im Kreis zugegangen, um für die Messe zu werben. Die Kreisverwaltung hat die Organisation nun im zweiten Jahr von der Kreis-Sparkasse Northeim übernommen, die nach Jahrzehnten eine Reihe zurückgetreten ist und als Sponsor die Veranstaltung unterstützt. Dankbar dafür zeigte sich auch Ulrich Schonlau, der als Obermeister der Bauwerk-Innung daran erinnert, dass es einst das Northeimer Handwerk gewesen ist, dass die Messe ins Leben gerufen hat. „Wir sind der KSN und dem Landkreis Northeim dankbar, dass sie die Messe weiterführen.“

Denn es sei laut BBSII-Schulleiterin Ines Puschmann die einzige Gelegenheit, „dass sich künftige Auszubildende mit den Betrieben auf Augenhöhe treffen können.“ Das sind Gespräche mit Auszubildenden und Ausbildern, Mitarbeitern – vor allem aber das Sehen und Fühlen und Erleben der eigentlichen Arbeit. Dazu hatten die Betriebe zum Teil groß aufgefahren: W.Schnittger brachte eine 70 Meter hohe Hebebühne samt Kran mit, die Kreisfeuerwehr eine Löschsimmulation in virtueller Realität und Industriebetriebe große Computer und 3D-Drucker. Das Handwerk und die Landwirtschaft präsentierten sich ebenfalls mit großen Maschinen, großen und kleinen Tieren und jeder Menge Handarbeit.

 

Laut Alexander Schramm hatten sich rund 2.000 Schüler verschiedener Schulen für den Freitag angemeldet. Am Samstag stand die Messe bis zum Mittag auch Besuchern, Eltern und Interessierten offen. Zu sehen bekamen sie nicht bloß schnöde Stellenanzeigen, sindern ernsthaft interessierte Betriebe, die auch aufgrund der aktuellen Zeit um jeden Mitarbeiter und jede Auszubildende ringen. Die Messe lebt in diesem Jahr davon, dass viele Betriebe in Not sind, Nachwuchs zu finden. „Die jungen Menschen können sich inzwischen vieles aussuchen“, sagt Ines Pischmann. Ulrich Schonlau kennt selbst noch Zeiten, „als ein Ausbildungsplatz Gold wert war.“ Heute sind es die Auszubildenden, die in Edelmetall aufgewogen werden. Viele Betriebe locken mit hohen Ausbildungsgehältern, Vorzügen wie Dienstwagen und Schulungen.

Was aber bei den jungen Menschen wirklich gut angekommen ist, ist die angesprochene Augenhöhe. Die Betriebe lassen sich auf die jungen Menschen ein, hören zu und wollen für die Arbeit und das Arbeitsumfeld begeistern. Junge Menschen wiederum suchen neben Geld und Karriere auch vermehrt Sinnhaftigkeit in ihrem zukünftigen Job. Und das, obwohl „viele noch gar nicht wissen, was sie machen wollen“, so Puschmann. In dem Fall sei die Messe aber „der ideale Ort, das herauszufinden.“ Vielleicht nahmen sich auch deshalb die Verantwortlichen um Landrätin Astrid Klinkert-Kittel fast zwei Stunden Zeit, die Messe genau zu untersuchen, mit den Betrieben ins Gespräch zu kommen und mit ernsthafter Neugierde das Angebot zu erfassen, welches eine Region wie der Landkreis Northeim tatsächlich bietet.

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