Die NOM MOT lockte am Wochenende so viele Menschen in die Northeimer Innenstadt wie lange nicht mehr. Spätestens mit dem Start des verkaufsoffenen Sonntags um 13 Uhr drängten sich tausende Menschen durch die Fußgängerzone der Altstadt. Zu sehen bekamen sie mehr als 100 Neuwagen der zehn teilnehmenden Autohäuser aus der Region. Dazu jede Menge Mobilitäts-Nostalgie, Oldtimer und Rennwagen. Entlang einer Blaulichtmeile zeigten sich Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und DLRG-Rettungsschwimmer.

Nüchtern betrachtet schauen sich gehende Menschen stehende Autos an. Damit stellt die Messe eines der größten Probleme der Automobilität sehr deutlich dar. Zugleich kann und will sie aber auch versuchen, Lösungen zu zeigen. In der Folge könnte sie zur wohl wichtigsten regionalen Ausstellung für ein großes Zukunftsthema werden.

NOM MOT und ein verkaufsoffener Sonntag lockten am Wochenende tausende Menschen in die Northeimer Innenstadt.

Diese Überschrift hat Erklärungsbedarf

Denn nichts ist nerviger als ein stehendes Auto. Auf einem Parkplatz, auf der Straße oder in einem Verkaufsraum. Auf dem Parkplatz ist es ungenutzter Wert. Auf der Straße blockiert es, wartend in seiner artfremdesten Form: dem Stillstand. Und im Verkaufsraum steht es, lediglich bewundert und in froher Erwartung, bald in die beiden erstgenannten Zustände überzutreten. Die Verkehrswende braucht es nicht nur, weil Autos Abgase produzieren. Sondern weil sie den Großteil ihrer Existenz damit verbringen, nicht mobil zu sein. Genau das kann die NOM MOT zeigen. Und zwar so:

Alle diese Punkte sind dann nicht mehr metaphorisch, wenn Besuchende tatsächlich versuchen, die NOM MOT zu erreichend. Dank der gesperrten Autobahn 7 schlängelt sich der Umleitungsverkehr die ebenfalls wegen einer Baustelle teilweise gesperrten Einbecker Landstraße und großen Teilen der Innenstadt entlang. Wer Northeim nicht nur durchreisen will – oder wegen der Sperrung muss – sondern die NOM MOT ansteuert, verzweifelt auf der Suche nach einer Abstellfläche für das zu große Auto in der Kleinstadt. Mit dem Ziel, sich in der Fußgängerzone abgestellte Fahrzeuge anzusehen.

Autos verbringen die meiste Zeit damit, zu stehen. Auch auf der NOM MOT. Dabei sind sie für etwas ganz anderes gemacht: Bewegen, Fahren. Mobilität.

Keine Klimakleber

Es braucht keine Klimakleber, um für die Tatsache Aufmerksamkeit zu generieren, wie absurd das wirkt. Es braucht keine Klimakleber, um als Autofahrer bis hierhin mit viel Puls, wenig Bewegung hinter sich gebracht zu haben.

Das Hauptproblem der Automobilität ist nicht die Frage, wie ich mein neues E-Auto tanken soll. Sonsern, warum sich mein 50.000 Euro Golf nur – wenn überhaupt – nur eine halbe Stunde am Tag bewegt. Und das, obwohl neben den vier Rädern tausende bewegliche Teile an einem Fahrzeug sind. Teile, die es überhaupt erst so teuer machen. Ein Auto ist purer Luxus, ist ein Kunstprojekt. Denn im Laufe seines „Lebens“ verbringt es die wenigste Zeit mit dem Zweck, für das es „geschaffen“ wurde. Außer Taxis vielleicht. Die Idee, ein Auto als Dienst zu verstehen und nicht als Eigentum, ist neu, mutig, ein bisschen sozialistisch und insbesondere für Deutsche weltbildzerstörend. Statt dass Autos stundenlang auf öffentlichen Flächen darauf warten, wieder benutzt zu werden, könnten sie in dieser Zeit genau das: benutzt werden. Nur eben von jemand anderem.

Car-Sharing gibt es schon in Northeim. Viel genutzt wurde und wird es aber nicht. Wer kann, hat ein eigenes Auto.

Autos sind keine Stehzeuge

Und darin lieft möglicherweise die Antwort. Carsharing, Taxi und Co. Wenn ein Fahrzeug in Bewegung bleibt, ist es maximal effizient. Es ist schließlich kein Stehzeug. Doch seit es das Automobil gibt, ist es Eigentum, ist es in Besitz – und steht die meisten Zeiten: vor dem Haus, im Stau, auf einem Parkplatz. Es ist Statussymbol und lebt eher von der Möglichkeit und Erwartung, sich zu bewegen, als von der eigentlichen Bewegung selbst.

Die NOM MOT zeigt den Pragmatismus, der in diesem Gedanken steckt. Autohäuser und -Marken verkaufen Autos nach wie vor über Emotion. Über den Wunsch und die Hoffnung des besonderen Wunders der Bewegung. Über die Prophezeiung von Momenten. Die da sind: mit 200 über die Autobahn. Mit 100 im Sommer über die Landstraße. Mit der Familie in den Urlaub. Tiefergelegt vor dem Klub. Mit dem Kinderwagen beim Einkaufen.

Gehende Menschen sehen stehende Autos. Die NOM MOT ist allerdings keine Auto-Show, sondern eine Mobilitäts-Messe. Als solche hat sie eine Zukunft, denn sie zeigt genau das: Zukunft.

Die NOM MOT ist realistisch

Doch ausgerechnet die NOM MOT ist in diesem Zerrbild am Ende vielleicht sogar unfreiwillig realistisch. Die Messe zeigt das Auto in seiner realistischsten Form: Im Stillstand, bewundert und überladen mit Hoffnung und Erwartung. Angepriesen mit großen Worten, beeindruckend durch Potenziale – und Preise.

Lösungen wurden am Anfang dieses Textes herbeigesehnt, die die NOM MOT zeigen soll. Tut sie. Wer einen Neuwagen kauft, könnte auch ein Haus finanzieren. Das ist zwar nicht mobil, erfüllt aber rund um die Uhr seinen Nutzen: als Zuhause, als Schatzkammer und Refugium. Der Gedanke sollte zum Nachdenken genug anregen, um
die eigene Mobilität zu hinterfragen.

Aussteller wie die Stadtwerke Northeim zeigen aktiv, die Car-Sharing funktionieren kann. Opel-Händle zeigen mit dem Rocks E das wohl kleinste Auto der Welt. Und wer zur NOM MOT fährt, sitzt vielleicht nicht allein im 7-Sitzer, sondern hat die Familie gleich dabei.

Autos sind Leidenschaft, Emotion und Lebensgefühl. Genau das kann eine Veranstaltung wie die NOM MOT sehr gut darstellen. Ein respektvoller Umgang bedeutet aber auch, sich den richtigen Zukunftsfragen zu öffnen. So bleibt Raum für Nostalgie.

Ist das Hinterfragen abgeschlossen, tun sich Optionen auf

E-Bikes sind beliebt als Freizeitgerät oder Lösung für kurze Strecken. Finanzierungsmodelle für Arbeitgeber machen die Anschaffung attraktiv. Geteilte Mobilität, Flottenlösungen und neue Ideen für Verkehrsinfrastruktur formen sich auf Nachfrage. Besucher der NOM MOT kommen (gezwungenermaßen) zu Fuß oder mit dem Rad. Oldtimer und Motorsport, wie er auf der NOM MOT gezeigt wird, erinnert daran, dass Automobilität emotional sein kann und emotional sein darf.

Wie einst das Pferd wird es dem Auto ergehen. Nachdem es ersetzt wird als Nutzgegenstand, erfährt es in seiner Nostalgie und Einzigartigkeit wieder die Liebe, die es verdient hat. Die NOM MOT bleibt und wird sein größtes Fest.

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