Fast 30 Kilo wiegt die komplette Ausrüstung einer Feuerwehrkraft, die bereit ist, ins Feuer zu gehen. Schuhe, Jacke, Hose. Axt, Atemschutz, Pressluftflasche. Und auch die Sorge lastet schwer, aus den meterhohen Flammen wieder heile herauszukommen. In Einbeck treibt seit fast einer Woche erneut ein Brandstifter sein Unwesen. Jeden Abend stehen die Einsatzkräfte vor der Ungewissheit, ob es wieder los geht: in die Flammen, in voller Ausrüstung. Ehrenamtlich.

Bisher brannten nur Gartenlauben, am Samstag ein ganzes Haus in Einbeck. In Windeseile war der Dachstuhl weg, riesige Rauchwolken zogen entlang des Reinserturmwegs. Das Haus stand leer, die Polizei ermittelt und die Feuerwehr löscht. Wieder waren es Hunderte Einsatzkräfte, wieder wurden sie von der Arbeit oder von Zuhause gerufen, um zu helfen und zu löschen. Die Sorge, ob heute Abend wieder der Melder geht – sie hat sich bestätigt.

In Einbeck brannte ein leerstehendes Wohnhaus.. Foto: Kreisfeuerwehr/Mennecke

Großfeuer in Einbeck

Das Feuer hat sich in dem unbewohnten Haus schnell ausgebreitet, meldet die Kreisfeuerwehr an die Presse. Bis in den Morgen wurde gelöscht, mit langen Schlauchleitungen mit frischem Ilmewasser, großen Tanks vom Technischen Hilfswerk und mehreren Drehleitern. Es nützte nichts: am Ende werden Teile des Hauses noch während des Einsatzes abgerissen, der Rest ist einsturzgefährdet, die Straße am Haus bleibt gesperrt.

Während des Einsatzes kreist ein Polizeihubschrauber über der Einsatzstelle, noch während der Löscharbeiten wird das Brandhaus für die Ermittlungen beschlagnahmt. Niemand darf sonst drauf außer die Sucher und Finder der Polizei. Sie Suchen einen Menschen, der zum Abend durch das Leinetal marschiert und Gebäude anzündet. Menschen wie die 30-jährige Frau, die vor Wochen bereits in Einbeck Container und Gartenlauben angezündet haben soll. Mit ihrer Verhaftung und Einweisung war die Hoffnung groß, dass der Spuk nun ein Ende haben könnte. Doch auch ohne sie gehen die Brände weiter. Gartenlauben, Wohnhäuser.

Meterhoch schlagen die Flammen aus dem Haus in Einbeck. Sind Menschenleben in Gefahr, gehen Feuerwehrleute dort hinein. Foto: Kreisfeuerwehr/Mennecke

Schwierige Situation

Inzwischen war sogar der Norddeutsche Rundfunk in Einbeck, sprach mit Polizei, Feuerwehr und Gartenlaubenbesitzern, Die stehen nun vor dem verkohlten Nichts ihres Hobbys. Während die Polizei der Kamera erklärt, sie ermittle in jede Richtung, ist die Feuerwehr in Stress und Sorge. Einbecks Ortsbrandmeister Frank Schwarz beschreibt die Situation in seiner Truppe. „Wenn man nach Hause kommt, man wartet schon auf Grund dieser Serie hier, das der Funkmeldeempfänger geht. Man kommt gar nicht so richtig zur Ruhe.“

Eine enorme Belastung, die nicht ganz ohne Folgen bleibt, sagt Schwarz. „Mittlerweile ist auch Wut dabei, wenn ich an meine Kameraden denke. Das kocht langsam so ein bisschen hoch.“ Das Interview des NDR gibt es hier nachzusehen: 

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Stress für die Einsatzkräfte

Die Erwartungshaltung für den nächsten Einsatz löst bei den Einsatzkräften enormen Stress aus. Trotzdem können Einsätze niemals vorgeplant werden, sagt Konstantin Mennecke, Sprecher der Kreisfeuerwehr. „Jederzeit kann der Funkmeldeempfänger gehen und man macht sich auf den Weg, um schnellstmöglich zu helfen. Mittlerweile ist es bei dieser Brandserie so weit, dass man sich aktiv fragt, wann es wohl wieder soweit ist.“ Viele Kameraden würden laut Mennecke bereits ihre Abende mit dieser Erwartungshaltung vorplanen.

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Das belastet,  sagt Mennecke. „Damit liegt es auf der Hand, dass die Anspannung natürlich wächst. Und auch die Wut.“ Denn neben dieser Brandserie passieren auch weiterhin die vielen großen und kleinen Schicksale, für die es jeden einzelnen Retter täglich braucht, betont Mennecke: „Jeder Einsatz, insbesondere in den Nachtstunden, bleibt kräftezehrend. Jeder Einsatz bleibt gefährlich. Und jede Frau und jeder Mann, hier im Stadtgebiet Einbeck, tut ihren Dienst in den Rettungsorganisationen ehrenamtlich. Das ist ein Punkt, den man nicht vergessen darf. Was uns Retter, die ermittelnde Polizei und die Bürger wohl alle gemeinsam verbindet, ist der Wunsch, dass dieser Wahnsinn bald ein Ende hat.“

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Anteilnahme

Inzwischen gibt es einen Spendenaufruf aus der Bevölkerung für die Freiwillige Feuerwehr in Einbeck. Was mit dem Erlös geschehen soll, ist noch nicht bekannt. Mehr als 200 Euro sind jetzt schon zusammengekommen. 

Auch Einsatzkräfte melden sich in den sozialen Netzwerken, beschrieben das Erlebte. „Es ist Samstag Abend, die Familie hat Essen bestellt. Ich hole es ab, fahre grad zu Hause vor, da geht der Meldeempfänger. Gebäudebrand! Schnell an den Eingang wo die Tochter steht, ihr das Essen in die Hand gedrückt und gesagt „Fangt an, es brennt wieder, dauer auch vermutlich länger!““ Und: „Dass einige verachtend den Kopf schütteln und/ oder uns einen Vogel zeigen, weil wir einsatzgeilen Typen wieder mit Martinshorn durch die Stadt fahren, daran haben wir uns gewöhnt.

Der Einsatz zieht sich. Zwischenzeitlich sind ca. 250 EHRENAMTLICHE Einsatzkräfte vor Ort plus einer großen Anzahl PolizeibeamteInnen.

„Oft höre ich im Vorbeigehen „Kacke, Essen stand grad auf dem Tisch“´oder „Mist, wollten grad los zu einer Feier/ Veranstaltung“. Je länger der Einsatz dauert, um so öfter höre ich auch „Hast du noch Akkuleistung auf dem Handy?“ „Kann ich deins mal nutzen? Muss kurz Bescheid sagen, dass es noch dauert“ und ähnlich Dinge. Es melden sich die ersten Einsatzkräfte die sagen, dass sie demnächst (nach etlichen Stunden EHRENAMTLICHEN Einsatzes!) gern nach Hause wollen, da sie ja morgen (also heute) wieder arbeiten müssen.

Stundenlang, ehrenamtlich und bis in die Nacht bekämpfen die Einsatzkräfte das Feuer in Einbeck. Fast täglich kommt es derzeit zu Alarmierungen. Foto: Kreisfeuerwehr/Mennecke

Teamarbeit

Vor zwei Jahren hat Northeim jetzt die Northeimer Feuerwehr begleitet, als sie über zwei Tage intensiv übte. Feuer, Unfälle, Menschenleben in Gefahr. Die körperliche und seelische Belastung ist enorm. Doch das ist auch der Zusammenhalt, der Teamgeist und die Kameradschaft. „Der Zusammenhalt von Feuerwehr, Rettungsdienst, THW und Polizei ist grenzenlos. Die Batterien der Menschen, die diese Rettungsorganisationen ausmachen, müssen langsam aber dringend wieder aufgeladen werden“, sagt Konstantin Mennecke.

Nicht ganz leicht.

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