#AnGedacht ist die Serie auf Northeim-jetzt, in der sich Pastor Jens Gillner der Northeimer Corvinus-Gemeinde ein paar Zeilen Zeit nimmt.
Wer ist das?
Als Jesus unter dem Jubel einer großen Menschenmenge in Jerusalem einzieht, wundern sich die Bewohner der Stadt. Erregt über das Geschehen, das sich da vor ihren Augen abspielt, müssen sie nachfragen: Wer ist der?
Die äußeren Signale deuten darauf hin, dass hier ein König eingeritten kommt – zumindest aber ein siegreicher Feldherr. Und doch trügt der Schein, denn Jesus kommt nicht „hoch zu Ross“ und schon gar nicht mit einem Gefolge von Soldaten.
Er kommt sanftmütig auf Eseln eingeritten. Er ist nicht selbsternannt und kommt nicht, um sein Königreich in Besitz zu nehmen. Nein, er kommt in dem Namen des Herrn. Und er ist volksnah. Dass die Jerusalemer hier Klärungsbedarf anmelden, ist also nicht verwunderlich.
Ich glaube, die Frage besteht bis heute fort und wird immer lauter, je weiter sich die Menschen vom Christentum entfernen: Wer ist Jesus eigentlich? Und damit: Wer ist der, dessen Ankunft wir im Advent erwarten und der am Heiligen Abend in der Krippe liegt?
Neue Umfrageergebnisse
Eine Religionsumfrage des Allensbach-Instituts 2017 ergab, dass die Deutschen ein gespaltenes Verhältnis zum Christentum haben. Einerseits halten viele Befragte Deutschland für ein christliches Land, andererseits nimmt die Bedeutung des christlichen Glaubens stetig ab. So antworteten beispielsweise 1986 noch 56 Prozent der Befragten auf die Frage, wer Jesus sei, mit: Er sei der Sohn Gottes. Gegenwärtig geben nur noch 41 Prozent diese Antwort.
Man höre und staune: Auch das Männermagazin „Playboy“, hat eine Umfrage gestartet: Wen wünschen sich Männer und Frauen als Vorbild für ihre Söhne? Nur 11 Prozent der Frauen und 14 Prozent der Männer wünschen sich, dass ihr Nachwuchs sich Jesus zum Leitbild wählt. Rund 25 Prozent aller Befragten bevorzugen hingegen Barack Obama.
Ich denke, die Tendenz ist eindeutig, was sicher auch daher rührt, dass viele mit Jesus heute nicht mehr viel anzufangen wissen. Aber damit befinden sie sich ja in guter Gesellschaft mit denen, die schon in der Bibel nachfragen: Wer ist der?
Jesus – für mich?
Wenn wir mit dem Ersten Advent den Aufschlag zur Adventszeit geben, dann liegt nun eine Zeit vor uns, in der uns diese Fragen nach Jesus und seiner Bedeutung für mich persönlich und für die Welt ruhig umtreiben sollten.
Wenn man in die Geschichte zurückschaut, hat es zahlreiche Bilder und Interpretationen zu Jesus gegeben. Jede Zeit, jede Gruppe hat sich ihr eigenes Bild gezimmert:
Vom König zum Softie, vom schreienden und gefolterten Mann am Kreuz zum Revolutionär mit Maschinengewehr. Die Bandbreite ist groß. Und nicht selten wurde Jesus für irgend-welche politischen oder auch ökologischen Ziele missbraucht, die mit seiner ursprünglichen Botschaft und mit den Evangelien nicht in Einklang zu bringen waren.
Heute im Zuge der Individualisierung und dem Drang, ständig seine Meinung äußern zu müssen, sind wir einmal mehr gefragt, wer Jesus für mich ist. Oder anders gewendet: Warum bin ich Christ bzw. Christin?, wenn Christsein doch bedeutet, Jesus nachzufolgen? (Oder warum bin ich es nicht (mehr)?
Ein Schatz
An diesen Fragen entscheidet sich auch, wie ich auf Weihnachten zugehe. Ich denke, Weihnachten – und für Karfreitag und Ostern lässt sich das ähnlich sagen – zeigt uns wie kein anderes Fest, „welch Geistes Kind“ wir sind. Wir feiern nicht nur die Geburt Jesu, sondern zugleichauch die Geburt einer Religion, die so modern ist wie keine andere. Nächstenliebe, Gleichberechtigung, das Verständnis von Gemeinschaft, der Gedanke an Vergebung – alles christliche Werte, die heute zwar oft eingefordert und doch viel zu wenig beachtet werden.
Jesus ist der Schatz, das Fundament, auf dem diese Werte ruhen. Und deshalb ist es nötig, dass wir wieder sprachfähig werden, worin Jesus mein Schatz und mein Fundament ist – nicht zuletzt auch deshalb, damit wir die christlichen Werte, die es heute einmal mehr hochzuhalten gilt, von ihrem Ursprung her betrachten können.