Vor einem Jahr hielt das Weihnachtshochwasser von 2023 tausende ehrenamtliche Einsatzkräfte in Stadt- und Landkreis Northeim über die Feiertage auf den Beinen. Rückblickend haben Behörden und Verantwortliche Lehren aus den Ereignissen gezogen, um in Zukunft noch besser vorbereitet zu sein. Denn dass wieder ein Hochwasser den Landkreis Northeim heimsuchen wird, davon gehen alle aus.
Das verheerende Hochwasser Ende Dezember 2023 hat in Northeim erhebliche Schäden angerichtet. Ursache waren anhaltende und starke Regenfälle zwischen dem 19. Dezember 2023 und dem 5. Januar 2024, die in Niedersachsen teils mehr als das Doppelte der üblichen Niederschlagsmengen für Dezember und Januar erreichten. Besonders betroffen war der Bereich rund um die Rhume und den Kiessee. Zudem waren ehrenamtliche Kräfte von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk und Rettungsdienst über die Weihnachtsfeiertage stundenlang im Einsatz. Hauptamtlich hatte der Landkreis die Lage genau im Blick – insbesondere am Polder in Salzderhelden bei Einbeck.
Das Weihnachtshochwasser 2023 im Landkreis Northeim
Starke Regenfälle in Frankreich und später auch im Harz sorgten kurz vor Weihnachten für eine erste Alarmbereitschaft im Kreishaus, berichtet Jörg Richert, Erster Kreisrat des Landkreises Northeim. Vorsorglich sei bereits am 23. Dezember der Krisenstab zusammengekommen, um die Lage zu bewerten. „Die Weitsicht der Führungsebene der Kreisfeuerwehr und des Kreisbrandmeisters war bemerkenswert“, sagt Richert. Der Stab konnte insofern planen, weil die Pegelstände genau beobachtet wurden. Deshalb wurden bereits jetzt die ersten Feuerwehren alarmiert, um Sandsäcke vorzubereiten. Die freiwilligen Helfer in Northeim und Katlenburg waren die ersten im Einsatz. Denn erwartet wurden die Wassermassen aus dem Harz pünktlich zur Bescherung an Heiligabend. Allein an Heiligabend wurden in Northeim rund 6.000 Sandsäcke gefüllt und eingesetzt, um gefährdete Bereiche zu schützen. In Einbeck wurden etwa 12.000 Sandsäcke befüllt.
Die besondere Rolle des Polders in Salzderhelden
Während des Hochwassers spielte das Hochwasserrückhaltebecken Salzderhelden, auch bekannt als „Leinepolder“, eine entscheidende Rolle. Mit ihm wurden die Wassermassen aus dem Harz gesteuert. Erstmals seit seiner Inbetriebnahme wurde das Becken vollständig gefüllt, einschließlich des Reservepolders, und erreichte ein Volumen von rund 43,7 Millionen Kubikmetern Wasser. Dabei wurde die Hochwasserwelle gedämpft und flussabwärts gelegene Gebiete vor größeren Überschwemmungen geschützt. Trotzdem mussten in Einbeck Straßen gesperrt werden. In Erzhausen und Greene kam es zu Überflutungen, die Rettungskräfte waren im Dauereinsatz. Die Flüsse Rhume, Leine und Ilme traten über die Ufer, was zu Überflutungen in mehreren Gemeinden führte. In Northeim erreichte der Pegel der Rhume am 25. Dezember 2023 einen Stand von 3,43 Metern – Rekord! Der Freizeitsee wurde durch einen Dammbruch direkt von der Rhume geflutet, wodurch Teile des Rundweges einbrachen und der Nordhafen evakuiert werden musste.
Größter Schaden in Northeim
Offiziell wurden dem Landkreis Northeim Schäden von rund 1,85 Millionen Euro gemeldet. „Es haben sich aber nicht alle Kommunen zurückgemeldet“, sagt Michael Peters vom Fachbereich Brand- und Katastrophenschutz des Landkreises Northeim. Den größten Anteil an dieser Summe habe der Schaden am Rhumedamm am Northeimer Freizeitsee verursacht. Ein Böschungsbruch zwischen der Rhume und dem Kiessee Nr. 1 auf einer Länge von rund 120 Metern legte Gasleitungen von Energieversorgern Nowega und Avacon sowie Telekom-Steuerkabel frei. Zusätzlich wurde der Seerundweg auf einer Länge von etwa 150 Metern zerstört – davon 120 Meter durch den Böschungsbruch und weitere 30 Meter im Bereich des ICE-Brückenpfeilers.
Was haben wir gelernt?
Am Ende waren rund 1.200 ehrenamtliche Einsatzkräfte über Weihnachten und teils bis ins neue Jahr hinein auf den Beinen. Der Krisenstab des Landkreises blieb erstmals über mehrere Tage zusammen. „Die Kommunikation hat richtig gut funktioniert“, resümiert Erster Kreisrat Richert. Dabei stand der Landkreis im regelmäßigen Austausch mit den Städten und Gemeinden sowie dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN).
Vorsorge für die Zukunft
Die Behörden gehen davon aus, dass Hochwasserereignisse aufgrund des Klimawandels häufiger auftreten werden. Zunehmende Starkregenereignisse und langsam ziehende Regenzellen erhöhen das Risiko. Frühzeitige Warnungen und Prognosen spielen daher eine entscheidende Rolle. Parallel aktualisiert das Land Niedersachsen regelmäßig Prognosen für die Wahrscheinlichkeiten von Hochwassern.
Auch die Stadt Northeim geht davon aus, dass Hochwasserereignisse in Zukunft auftreten werden, und sorgt vor. Unter anderem wurde die technische Ausstattung der Ortswehren verbessert, leistungsstärkere Pumpen angeschafft und die Beschaffung einer Sandsackfüllmaschine eingeleitet. Einsatzpläne und Evakuierungsstrategien werden kontinuierlich aktualisiert.
Das Thema Eigenverantwortung
Doch nicht immer lassen sich Schäden bei Hochwasser vermeiden. Auch deshalb gilt die Eigenverantwortung jedes Einzelnen. Trotz Warnungen waren zwischen Weihnachten und Neujahr viele Menschen auf dem Polder und den Deichen unterwegs. Sture Autofahrer ignorierten Absperrungen und blieben im Wasser stecken. „Wir haben gesagt: macht es nicht. Und die Menschen haben es trotzdem gemacht. Das hat viel Mehrarbeit für die Rettungskräfte verursacht“, sagt Erster Kreisrat Richert. Der Landkreis will seine Öffentlichkeitsarbeit dazu intensivieren. „Die Eigenverantwortung der Bevölkerung ist gefragt.“