Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) fordert eine öffentliche Kartei, die Betriebe auch im Landkreis Northeim auflistet, die Mitarbeitende illegal beschäftigen. Zugleich kritisiert die Gewerkschaft auch in der Region kriminelle Praktiken auf Baustellen.

Zahl der Verfahren gestiegen

Harald Engelhardt ist Bezirksvorsitzende der IG BAU Niedersachsen-Süd. In einer aktuellen Pressemeldung fordert er: „Wir brauchen ein ‚Sündenregister für Schwarzarbeit‘ – eine öffentliche Kartei, in der die Betriebe aufgelistet werden, deren Geschäftsmodell auf illegaler Beschäftigung und Lohnprellerei beruht.“ Grund sind Ermittlungen des Hauptzollamt Braunschweig, das auch für den Landkreis Northeim zuständig ist. Dort seien allein im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres 224 Ermittlungsverfahren im Baugewerbe eingeleitet. Grund: Mitarbeitende wurden illegal Beschftigt, Sozialabgaben nicht geleistete oder der Mindestlohn nicht gezahlt. Schaden für Steuerzahler und Mitarbeitende: fast 184.000 Euro. Allerdings betreffen diese Zahlen das gesamte Einzugsgebiet des Zollamtes in der Region.

Sind kriminelle Methoden schon Alltag?

Im Vorjahr waren es im gleichen Zeitraum noch 136 Ermittlungsverfahren. Die Baugewerkschaft beruft sich dabei auf Zahlen, die das Bundesfinanzministerium auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Bernhard Daldrup (SPD) zur Kontroll-Bilanz des Zolls auf dem Bau mitgeteilt hat. 

„Die hohe Zahl der Ermittlungsverfahren zeigt, dass kriminelle Methoden auf dem Bau auch in unserer Region zum Alltag gehören. Die tatsächlich aufgedeckten Verstöße sind nur die Spitze des Eisbergs“, so Bezirksvorsitzender Engelhardt. Neben den vielen „sauber arbeitenden Unternehmen“ gäbe es noch immer unseriöse Firmen, für die Lohndumping und illegale Beschäftigung bei Bauaufträgen zum Geschäftsmodell gehörten.“

IG fordert „saubere Baustellen“

Deshalb warne Engelhardt vor einer weiteren Zunahme illegaler Machenschaften: „Die hohe Inflation, steigende Bauzinsen, hohe Material- und Energiekosten – alles führt zu einem wachsenden Kostendruck auf dem Bau.“ Seine These: „Unseriöse Chefs werden deshalb jetzt erst recht versuchen, ihre Kosten durch Lohndumping zu senken. Und sie werden sich noch mehr Tricksereien einfallen lassen, um Steuern und Sozialabgaben zu hinterziehen.“ Damit wachse allerdings auch der Druck auf Arbeitnehmer. Vor diesem Hintergrund fordere der IG BAU Bezirksverband Niedersachsen-Süd deutlich mehr Kontrollen und eine stärkere Präsenz des Zolls auf den Baustellen. „Auch im Kreis Northeim wollen wir ‚saubere Baustellen‘. Der Staat muss sicherstellen, dass kriminelle Praktiken auf Baustellen keine Chance mehr haben.“

Das Sündenregister

Dabei helfen soll auch eine transparente Liste verfehlender Unternehmen, um sie beispielsweise von der öffentlichen Auftragsvergabe ausschließen zu. „Wir brauchen ein ‚Sündenregister für Schwarzarbeit‘ – eine öffentliche Kartei, in der die Betriebe aufgelistet werden, deren Geschäftsmodell auf illegaler Beschäftigung und Lohnprellerei beruht“, so Engelhardt. Derweil wünschen sich Handwerker im Landkreis Northeim vor allem eines: Anerkennung. Diesen Wunsch äußerten sie nun beim Gildentag.

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