Aus, Schluss, Ende. Nach zehn Monaten schloss an diesem Freitag das Impfzentrum in der Northeimer Stadthalle. Mehr als 40.000 Menschen wurden in dieser Zeit dort doppelt geimpft, rund 90.000 im gesamten Landkreis. Nun wird abgebaut, abgerissen und aufgeräumt. Im Oktober stehen Badesalz und „The New Horse“ auf der Bühne, im Saal feiernde Gäste, wo bis vor wenigen Tagen noch Spritzen in Oberarme gesteckt wurden. Ich habe mit Organisator Frank Beckmann vom DRK darüber gesprochen, wie die vergangenen Monate die Menschen im Impfzentrum und im Landkreis Northeim verändert haben.
Wie alles begann
Auch, wenn es vielleicht unangenehm ist, spulen wir die Zeit ein bisschen zurück um etwa zwölf Monate. Im November 2020 wurde entschieden, dass die Northeimer Stadthalle als Impfzentrum eingerichtet werden soll. Zurück lagen da etwa acht Monate Pandemie, Lockdown und Ungewissheit. Wir erinnern uns: Im März wurden die ersten Maßnahmen ergriffen, um die Ausbreitung des Corona-Virus zu bremsen. In dieser Zeit infizierten sich auch im Landkreis Northeim die ersten Menschen mit dem Virus und erkrankten an Covid19. An einen Impfstoff dachte noch niemand.
Auch im Winter 2020 war noch gar nicht klar, wann die ersten Impfstoffe überhaupt zur Verfügung stehen. Pünktlich am 15. Dezember war das Impfzentrum bereit, rund einen Monat später waren die ersten 1.000 Impfdosen an Menschen mit erhöhtem Infektionsrisiko ausgegeben. Die Wahl auf die Stadthalle als Impfzentrum fiel laut Landrätin Astrid Klinkert-Kittel damals wegen der guten Lage und Infrastruktur vor Ort. Trotzdem hatte das Technische Hilfswerk eine Menge Arbeit, um zusätzliche Räume zu schaffen. Betriebe wurde das Zentrum von Anfang an durch das Deutsche Rote Kreuz.
Über die Monate entwickelte sich der organisatorische Leiter des Impfzentrums, DRK-Bereitschaftsleiter Frank Beckmann, zum „Kapitän der Mannschaft“, wie ihn die Mitarbeitenden auch heute noch nennen. Der ist vor allem eines, wie er sagt: „Stolz“. „Ich denke, hier ist über die Zeit ein tolles Team zusammengewachsen. Die Sache an sich hat uns auch zusammengeschweißt. Das ist eine ganz besondere Erfahrung, die uns niemand mehr nehmen wird“, so Beckmann.
Wie alles war
Gut 90.000 Impfdosen wurden verabreicht, 50.000 Arbeitsstunden geleistet – und auch die 1,2 Millionen Blatt Papier will die dazugehörige Pressemitteilung des DRK Göttingen-Northeim nicht unerwähnt lassen. In dieser lobt Petra Reußner, Vorstandsvorsitzende des DRK-Kreisverbandes Göttingen-Northeim e.V., insbesondere auch die Zusammenarbeit mit anderen Hilfsorganisationen.
Zu beginn des Impfzentrums war die Hauptaufgabe der Leitung vor allem die Verwaltung von Mangelerscheinungen. Mitarbeitende brauchte es, aber vor allem auch ausreichend Impfstoff. Die Lieferungen waren knapp und oft kurzfristig – oder blieben ganz aus. Das Interesse an einer erste Impfung war dennoch groß, mehr als 20.000 Menschen aus dem Landkreis Northeim ließen sich beim Land Niedersachsen auf die Warteliste setzen.
Erst im Spätsommer wendete sich das Blatt, das Angebot mit drei Impfstoffen war größer als die Nachfrage. Nachdem die Warteliste abgearbeitet war, brauchte es keine Termine mehr für die erste Impfung. Es folgte der Digitale Impfnachweis, ein Sommer mit Urlaubsreisen und die dritte Welle – auch im Landkreis Northeim. Im Stadtgebiet galt sogar Ausgangssperre für ein paar Nächte. Nun aber stehe auch Zufriedenheit für Frank Beckmann an oberster Stelle. Gut Zweidrittel der Menschen im Kreis sind mittlerweile doppelt geimpft. „Ich bin davon überzeugt, dass wir damit viele Leben gerettet haben.“
Wie alles endet
Das Ende des Impfzentrums scheint allerdings nicht so einfach wie gedacht. Die Mitarbeitenden nehmen Abschied, sind aber auch enttäuscht. Das Land hat sich schon im Mai gegen die Fortsetzung der Zentren entschieden. Stattdessen sollen Hausärzte und mobile Impfteams unter anderem die in manchen Fällen notwendige dritte Impfung vornehmen. Gerne hätte auch das DRK-Team aus dem Impfzentrum diese Arbeit übernommen, „schließlich wissen wir wie es geht und haben das Know-How, das sich andere erst noch erarbeiten müssen.“ Der Landkreis um Landrätin Astrid Klinkert-Kittel hat sich aber dagegen entschieden.
Man habe sich zwar erneut beworben, als Deutsches Rotes Kreuz die beiden Teams zu stellen. „Leider ist uns das nicht gelungen“, so Reußner. Laut DRK habe der Landkreis die Vergabe zunächst nach dem Zufallsprinzip auszulosen. So wäre es nur möglich, eines der beiden Impfteams zu stellen. „Der Verwaltungsaufwand jedoch für nur ein Impfteam ist viel zu hoch, so dass es nicht wirtschaftlich wäre“, so Reußner. Es sei „bedauerlich, (…) dass das Know-how des Roten Kreuzes nun keine Rolle mehr spiele.“