Seit Mitte April entlang der Breiten Straße Ost ein nächtliches Fahrverbot. Bisher hält sich daran aber niemand. Anwohner und Gewerbetreibende schlagen Alarm. Zwei Briefe, die northeim-jetzt.de vorliegen, zeigen: Die Maßnahme trifft auf Frust – aber aus sehr unterschiedlichen Gründen.
Wenn Regeln nur auf dem Papier gelten
Ein Anwohner, der anonym bleiben möchte, berichtet eindringlich von seiner Erfahrung – und sie klingt eher nach Nürburgring als nach Northeimer Altstadt: „Vorletzten Sonntag zählte ich über 30 Autos, die trotz Durchfahrverbot an mir vorbeifuhren – direkt an der Außenbestuhlung vom Aperitivo vorbei. Einige rasten regelrecht. Krönung des Abends: Zwei Lamborghinis – einer mit Northeimer, einer mit Werra-Meißner-Kennzeichen – liefern sich lautstark ein Beschleunigungsduell. Szene-Ende: Schaupenstiel. Die Sorge: Irgendwann passiert etwas – und dann ist es zu spät.
Besonders beunruhigend: Der Anwohner nennt konkrete Probleme mit Rasern, Falschparkern und manipulierten Auspuffanlagen – und kritisiert ein völliges Fehlen wirksamer Kontrollen. Seine Forderung: „Ohne Abend- und Wochenendkontrollen durch Polizei und Ordnungsamt wird sich nichts ändern.“ Das nächtliche Fahrverbot, das seit Mitte April eigentlich für mehr Ruhe und Sicherheit sorgen sollte, wird laut seinen Beobachtungen regelmäßig ignoriert.

Gastronomie in der Zwickmühle
Ganz andere Sorgen äußert Bilal Souleiman, Betreiber der Innenstadt-Restaurants Mr. Shawarma und Mr. Burger. Für ihn ist das Fahrverbot nicht nur ein Ärgernis, sondern ein wirtschaftliches Risiko. „Wir sind auf schnelle Lieferungen angewiesen – sowohl bei der Warenanlieferung als auch beim Ausliefern an unsere Kunden.“ Besonders problematisch: Das Fahrverbot gilt auch zu Zeiten, in denen schwere Lebensmittel wie 30-Kilo-Fleischspieße geliefert werden. Die Restaurants befürchten, dass längere Laufwege nicht nur den Betrieb verlangsamen, sondern auch die Kühlkette gefährden.
Souleiman appelliert an die Stadtverwaltung: „Wir bitten um eine Sondergenehmigung für unseren Lieferverkehr – andernfalls steht unsere Servicequalität auf dem Spiel.” Zudem warnt er vor den Folgen für die Innenstadt insgesamt. Leerstand, sinkende Besucherzahlen und neue Hürden für funktionierende Betriebe könnten langfristig die Attraktivität Northeims gefährden.
Das sagt die Stadt
Die Reaktionen im Rathaus seien bisher gemischt. “Einige Anwohnende sind glücklich mit der Entscheidung, einige nicht”, beißt es knapp aus dem Rathaus. Der Brief des Gastronomen liege der Abteilung Bürgerdienste vor. Zudem habe sich eine Anliegerin über eingeschränkte Besuchsmöglichkeiten beschwert. Was den Verkehr zur Verbotszeit angeht, sei die Stadt zwar nicht zuständig – stehe aber im “regelmäßigen Austausch mit der Polizei, um gemeinsame Aktionen abzustimmen.”
Auf die versprochenen Poller, die den Verkehr auf physisch aus der Breiten Straße Ost halten, muss allerdings noch etwas länger gewartet werden. Grund: Der neue Haushalt ist bisher noch nicht rechtskräftig. Ausschreibungen für Unternehmen, die die Anlagen installierten sollen, durften deshalb noch nicht auf den Weg gebracht werden. “Die Abteilung Infrastrukturmanagement erstellt derzeit ein Leistungsverzeichnis für eine Ausschreibung”, macht das Rathaus Hoffnung. Bisher wurden die Standorte festgelegt sowie “die unterschiedlichen Möglichkeiten zusammengetragen”. Welche das sind, lässt die Stadt auf Anfrage aber offen. Auch Folgearbeiten – zum Beispiel Stromanschlüsse oder Arbeiten am Grund – sind noch offen. “Zur Festlegung der konkreten Pollerart sind hausinterne Arbeitsaufträge erteilt.”
Wenn man dort Abends langgeht, dann fährt immer das gleiche Klientel dort zu schnell