Angedacht ist die Kolumne von Pastor Jens Gillner, Corvinus Northeim
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Heute nehmen wir Abschied von Frau Menschlichkeit, die am 29. Juli 2019 verstorben ist. Sie hatte ein langes, ein bewegtes Leben, wofür wir heute sehr dankbar sein dürfen.
Ihre Kindheit und Jugendzeit verbrachte sie glücklich und unbeschwert im Garten Eden. Dort lernte sie auch ihren späteren Ehemann, Herrn Gott, kennen, der mit seiner Schwester Sophia einstmals die Idee zu diesem Garten hatte und ihn zusammen mit ihr auch selbst gestaltete und eröffnete.
Mit einer kleinen Schar Menschenkindern war das junge Paarnach der Hochzeit fortan gemeinsam für die Pflege dieses Gartens zuständig. Doch schon kurze Zeit später musste der Garten geschlossen werden, da sich die menschliche Belegschaft als zu unzuverlässig erwies. Ein schwerer Schlag für Frau Menschlichkeit und ihren Mann, mit dem eine lange Leidensgeschichte ihren Anfang nahm.
Edle Erfolge
Während Herr Gott jedoch weiterhin als Schöpfer und Bewahrer arbeitete, übernahm Frau Menschlichkeit ein kleines Büro zur Betreuung von körperlich und seelisch verwahrlosten Menschenkindern. Nach und nach konnte sie eine ganze Reihe sehr tüchtiger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus unterschiedlichsten Fachrichtungen gewinnen, die mit ihr die immer größer werdenden Aufgaben anpackten.
Die inzwischen weltweit operierende Organisation konnte in ihrer langen Firmengeschichte – auch mit Hilfe von Politik und Wirtschaft – eine ganze Reihe großer und edler Erfolge erzielen. Internationale Flüchtlings- und Katastrophenhilfe, soziale Beratungs- und Anlaufstellen, Einrichtung und Unterhaltung von Zufluchtsorten für verfolgte und vom Aussterben bedrohte Menschenkinder, Aufbau von medizinischen und geistlichen Versorgungseinrichtungen sind nur einige wenige Glanzlichter ihres unternehmerischen Geschicks. Zudem setzte Frau Menschlichkeit stets auf Aus- und Fortbildung, um dem mentalen Wandel der Menschenkinder entgegenzusteuern.
So wichtige richtungsweisende Statuten wie die Genfer Konventionen, die UN-Menschrechtsdeklaration und nicht zuletzt das deutsche Grundgesetz wären ohne ihre Mitwirkung kaum denkbargewesen. Auch die von ihr einst formulierte sog. Goldene Regel („Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu!“) wird uns stets in guter Erinnerung bleiben.
Zu spät
Doch die weltweiten Aufgaben und Belastungen wurden ihr mit der Zeit zu groß und gutes Personal war immer schwerer zu finden. Ihre Kräfte ließen allmählich nach und auch der frühe Tod ihres Mannes hat ihr sehr zu schaffen gemacht. Bis zuletzt versuchte sie all ihre Energie ins Unternehmen zu stecken, um die Entwicklung inhumanitärer Gegenströmungen aufzuhalten. Doch reichte ihre Lebens- und Überzeugungskraft am Ende nicht mehr aus, um die übermächtige Konkurrenz zu stoppen.
Frau Menschlichkeit starb am vergangenen Montag auf dem Frankfurter Hauptbahnhof an Herzversagen. Für sie kam leider jede Hilfe zu spät.
Möge sie nun im Jenseits den Frieden finden, für den sie ihr Leben lang gekämpft und gelitten hat. Wir werden sie sehr vermissen und ihr stets ein ehrendes Andenken bewahren.