#Angedacht ist die Kolumne von Pastor Jens Gillner aus der Corvinus-Gemeinde in Northeim.
Der Leitvers aus der Bibel für den Monat September lautet:
Was hilft es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt und doch Schaden an seiner Seele nimmt?
„Die ganze Welt gewinnen“, das wollten schon viele – und sind daran gescheitert. Wie soll das auch gehen: Die Welt gewinnen? Was nimmt der Mensch da eigentlich in den Blick? Will er „alles“ besitzen oder bei „allen“ Menschen angesehen sein? Will er „allen alles“ recht machen? Will er nur möglichst viele Länder bereisen oder eine Höchstzahl an Followern in den sozialen Medien erreichen? Wir wissen: Wer „alles“ will, kann sich leicht selbst verlieren und zum Getriebenen werden. Was auch immer damit gemeint ist, wenn man „die ganze Welt gewinnen“ will, Jesus warnt davor. Der Preis dafür kann ein „Seelenschaden“ sein, weil der Mensch sich heillos überfordert.
Was willst du wirklich?
Immer wieder begegnen mir in der Seelsorge Menschen, die ihren eigenen Ansprüchen nicht mehr gerecht werden, die am Ende sind, weil sie zu viel angefangen haben. Sie kommen mit dem Gefühl, gescheitert zu sein. Sie leiden unter Burnout, Einsamkeit, Konsumsucht, Unzufriedenheit oder auch an dem ständigen Drang, sich selbst zu verbessern. Und sie sind oft ratlos, weil sie Wichtiges von Unwichtigem nicht mehr unterscheiden können. Vielen dieser Menschen ist eines gemeinsam: Weil sie ständig nach außen gerichtet sind, haben sie den Blick nach innen vergessen. Jesus sagt: Achte auf deine Seele! Was willst du wirklich „gewinnen“ und würde dir das guttun? Auf solche Fragen versuche ich dann mit ihnen Antworten zu finden.
Wer sich aus der Vielzahl der Möglichkeiten wieder auf Weniges konzentrieren will, kommt nicht umhin, an den richtigen Stellen „Ja“ und „Nein“ zu sagen. Ganz bewusst, ohne schlechtes Gewissen und ohne sich ständig selbst dafür zu rechtfertigen. Wie einer, der eine Perle findet und alles verkauft, um diese eine kostbare Perle zu erwerben.
„Ja“ und „Nein“ sagen kann uns vor dem „zu viel“ schützen, das uns auf Schritt und Tritt so verlockend verfolgt und uns ständig in Atem hält.
Prüfe die Balance
Wenn Jesus so fragt, wie wir es im Monatsspruch lesen können, will er uns ins Nach-denken bringen, was für uns ganz persönlich ein gutes Maß sein kann, damit „Welt“ und „Seele“ für uns gut ausbalanciert sind, damit unsere Seele heil bleibt statt Schaden zu nehmen.
Ein „Leben nach Maß“ zu führen, fordert uns ständig heraus zu prüfen, ob die Balance zwischen Arbeit und Freizeit, Ruhe und Bewegung, Reden und Schweigen noch stimmt. Und auch im Umgang mit unseren Mitmenschen müssen wir uns stets die Verhältnismäßigkeiten bewusst machen: Wo kümmern wir uns um andere und wo umklammern wir sie? Wo machen wir ihnen Vorgaben oder geben Ratschläge und wo engen wir sie ein? Und im Blick auf uns selbst: Wo tun wir uns etwas Gutes und wo stellen wir unsere Bedürfnisse rücksichtslos über die der Anderen?
Es gibt leider keine allgemeingültige Antwort auf die Frage, was denn das „richtige“ Maß für eine jede/einen jeden von uns ist. Aber ich denke, wir haben ein feines Gespür dafür, das wir nur allzu gern missachten, weil wir meinen, „die Welt gewinnen“ zu müssen. Aber daran sind ja bekanntlich schon viele gescheitert. Ihrem Beispiel folgt nicht!, höre ich Jesus sagen.