#AnGedacht ist die Serie auf Northeim-jetzt, in der sich Pastor Jens Gillner der Northeimer Corvinus-Gemeinde ein paar Zeilen Zeit nimmt. Einmal im Monat erscheint seine Kolumne exklusiv auf Northeim-jetzt.
Hebt euch, ihr uralten Pforten
„Die Botschaft von Ostern, von der Auferstehung Jesu von den Toten, überfordert unsere Vorstellungskraft. Anders als Weihnachten, wo es ja um eine Geburt, um Familie, um Flucht und Obdachlosigkeit etc. geht, bleibt Ostern merkwürdig unbegreiflich. Die Themen von Weihnachten gehören ja auch noch in unseren Erfahrungsbereich, Auferstehung aber nicht. Wir kennen nur das Leben, das dem Tod entgegengeht.
Ein Psalmwort, das Advent und Weihnachten mit Ostern verbindet, kommt aus Ps 24:
Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehren einziehe.
In der Vorstellung des Alten Testaments hat das Totenreich nur Eingänge, aber keine Aus-gänge. Wer sich hier wiederfindet, verbleibt auf ewig dort und ist fern von Gott. Der Tod ist ausweg-los.
Viele Menschen empfinden gar ihr ganzes Leben als „Einbahnstraße“, an deren Ende unweigerlich der Tod steht. Wenn der Tod aber das letzte Wort hat, dann ist das Leben bloß noch ein Warteraum zum Nichts, wie es z. B. der Schriftsteller Franz Kafka in seiner Erzählung Im Schloss so eindrücklich beschrieben hat. Auch in Der Prozess, ebenfalls von Kafka verfasst, endet das Leben mit der Hinrichtung des Angeklagten. Wenn Jesus also nicht auferstanden ist, bleibt über den Menschen nichts weiter als dies zu sagen: Dein Leben endet im Totenhaus.
„Hebt euch, ihr uralten Pforten!“ Bei diesem Satz kommt mir sofort die Pforte zu den Minen von Moria aus „Herr der Ringe 1“ in den Sinn. Dieses Bild aus dem 24. Psalm kann man auch als Aufschrei gegen das Gefängnis des Todes verstehen, aus dem es kein Entrinnen mehr gibt.
Die christliche Vorstellung dagegen ist folgende: Jesus Christus ist in das Reich des Todes hinabgestiegen (1. Petrus 3,19) und hat seine Pforten geöffnet. Er nahm die dort Ein-geschlossenen mit sich und führt sie an seiner Hand hinauf in Gottes Reich.
Jesus hat also eine Ausgangstür aus dem Totenreich aufgetan, aus dem wir der ewigen Dunkelheit des Todes und der Gottesferne entkommen können. Zugleich hat Gott mit der Auferweckung Jesu ein Exempel statuiert, dass seine Macht auch das Reich der Toten umfasst und es durchlässig werden lässt.
Zu Ostern feiern wir Christinnen und Christen nun diesen Durchbruch. Und denjenigen, der uns den Weg von den Toten hin zu den im Reich Gottes Lebenden vorangegangen ist. Nicht zuletzt feiern wir die Hoffnung, dass auch wir ihm einst auf diesem Weg folgen werden.
Wer den Glauben an die Auferweckung der Toten für sich annehmen kann, für den stehen die „uralten Pforten“ zum Totenreich schon jetzt offen. Er darf damit rechnen, aus ihm herausgeführt zu werden und zu einem neuen Leben bei Gott zu gelangen.