In Höckelheim werden in der kommenden Woche etwa 40 Flüchtende aus der Ukraine erwartet. Unterkommen werden sie in einem ehemaligen Gutshaus. Die Eigentümer haben kurzerhand in den sozialen Netzwerken um Unterstützung und Spenden gebeten. Die Hilfsbereitschaft ist überwältigend.

Es ist Krieg

Die Familie Jungklaus hat das ehemalige Rittergut in Höckelheim im vergangenen Jahr gekauft. „Zusammen mit meinem Sohn Oliver, der mit seiner Frau Dinara in China arbeitet und hier einziehen möchte“, erzählt Hayo Junklaus. Der Einzug verzögert sich aber, das Gutshaus auf dem Grundstück – ein riesiges Wohnhaus – bleibt leer. Doch nun ist Krieg in der Ukraine. Freunde und Familie der Schwiegertochter sind auf der Flucht, keine 120 Kilometer von der Grenze zu Moldavien entfernt. 30 bis 40 Menschen machen sich auf den Weg, um in Höckelheim Zuflucht zu finden.

Das Gutshaus am Rittergut in Höckelheim steht leer und soll ab kommender Woche geflüchteten aus der Ukraine Schutz und ein Zuhause bieten.

Vollkommen überwältigt

Die Entscheidung, das Gutshaus zu diesem Zweck zu nutzen, fiel kurzfristig. Schwiegertochter Dinara Jungklaus hat eine Studienfreundin in der Ukraine, die sich entschieden hat die Flucht zu ergreifen. Seine zweite Schwiegertochter, Saskia Jungklaus, startete bei Facebook einen Aufruf und bat um Sachspenden. Denn das Haus steht komplett leer: keine Möbel, keine Kleidung, nichts. Doch innerhalb weniger Stunden füllt sich am Sonntagmorgen das Haus am Ortsrand von Höckelheim. Menschen spenden Kleidung, Möbel, Küchenmaschinen. Konserven, Lampen und Elektrogeräte. Sogar ein Fernseher ist dabei. Saskia Jungklaus ist den Tränen nahe. „Das hat uns vollkommen überwältigt. Wir hätten nicht gedacht, dass so viele Menschen kommen, helfen und Dinge spenden“, sagt sie.

Noch sind die vielen Zimmer des Gutshauses Lagerort für die vielen Spenden. Insbesondere die Kleidung muss nun sortiert werden. Doch die helfenden Hände sind zahlreich.

Helfende Hände

Auch helfende Hände waren schnell gefunden. Die Nachricht, dass in der kommenden Woche Flüchtende in Höckelheim erwartet werden, verbreitet sich schnell in der Northeimer Ortschaft. Auch bei den Fastnachtsvereinen kommt die Botschaft an, per WhatsApp wird sich organisiert. Und so stehen 20 Höckelheimer bereit, packen mit an, schleppen Möbel in das Gutshaus und sortieren Kleidung. Immer wieder fahren neue Spender vor, mit Anhängern und vollen Kofferräumen, Kleiderschränke und Sofas werden in das Obergeschoss getragen. „Wir stehen auch mit dem Landkreis Northeim in Kontakt, denn mittlerweile haben wir mehr als genug Sachspenden“, sagt Hayo Jungklaus. Das einzige, was am Sonntag noch fehlt, sind Betten. „Gestelle und mehr, auch Matratzen haben wir mittlerweile“, sagt Saskia Jungklaus. „Wir verschaffen uns einen Überblick und sehen dann, was wir brauchen.“

Bettwäsche und Kleidung wird säckeweise gespendet und muss nun sortiert werden. Die Welle der Unterstützung ist riesig.

Unklare Situation

Denn noch wissen sie nicht, wie viele Flüchtende tatsächlich kommen. Am Sonntag erreichen die Helfer beunruhigende Nachrichten. Der Ort, an dem die Flucht starten sollte, wurde soeben von Putins Armee bombardiert. „Der Flughafen wurde getroffen, die Straßen sind zerstört. Sie können auch gerade nicht tanken“, erzählt Saskia Jungklaus. Sie kämpft erneut mit den Tränen. „Wir haben gerade nur zu zweien Kontakt. Die Situation ist unübersichtlich.“ Währenddessen bringt eine Familie Spielsachen und Kinderstühle, am Montag wollen sie wiederkommen. Einen Fernseher und Betten haben sie noch.

Vor dem Gutshaus begrüßt Saskia Jungklaus Spender und informiert, was noch gebraucht wird. Die überwältigende Spendenbereitschaft der Menschen aus der Region berührt sie sehr.

Das wird gebraucht

„Das Haus war vor zwei Stunden noch leer, jetzt ist alles voll. Unglaublich“, staunt Hayo Jungklaus. Seine Frau Sabine und Sohn Helge schleppen und organisieren weiter, immer wieder die Frage, wohin soll dies, wohin soll das. „Wir werden jetzt abwarten, bis sie da sind und können dann genau schauen, was wir noch brauchen“, sagt Saskia Jungklaus. Neben den Sachspenden seien deshalb auch Einkaufsgutscheine eine gute Idee, um zum Beispiel Essen und Hygieneartikel frisch einkaufen zu können. Unterstützung gibt es deshalb auch von der Fördergemeinschaft der Kindertagesstätte und der Grundschule in Höckelheim, die ihr Spendenkonto zur Verfügung stellen werden.

Spendenkonto

Laut Markus Koltermann vom Vorstand „planen wir über die Fördergemeinschaft „kleine Leute ganz gross“ unserem Satzungszweck entsprechend für die Förderung der Erziehung und Jugendarbeit Spendengelder einzusammeln.“ Sie rechnet damit, dass die schutzsuchenden Kinder und Jugendlichen relativ kurzfristig an entsprechenden Angeboten teilnehmen wollen und werden. „Hier möchten wir unterstützen“, so Koltermann.

Die Zweckgebundene Spenden an den gemeinnützigen Verein können unter dem Stichwort „Kinder blau gelb“ auf das Konto der Fördergemeinschaft Kita-GS Höckelheim DE11 2625 0001 0000 0448 00 erfolgen. „Für Spendenbeträge bis 300,- Euro reicht der Kontoauszug als vereinfachter Spendennachweis“, betont Koltermann.

Anreise verzögert

Noch verzögert sich die Anreise der Flüchtende. Nicht vor Ende der Woche wird mit ihrer Ankunft gerechnet. Doch auch dann, wenn weniger kommen, steht der Wohnraum frei. „Wir haben jetzt alles vorbereitet und sind bereit, Menschen aufzunehmen“, sagt Saskia Jungklaus.

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