In Deutschland reichen ab dieser Woche einfache Mund- und Nasenbedeckungen wie Schals und Tücher nicht mehr aus. Medizinische Masken müssen es sein, am besten zertifiziert. Wie schwer es selbst als Großhändler ist, an große Mengen zu kommen und welche kriminellen Energien sich auf dem Markt tummeln, erzählt Hans-Jürgen Mix von Knobloch und Knebel in Northeim.
Cent-Artikel
Normalerweise kaufen seine Kunden robuste Hosen, praktische Hemden und Sicherheitsschuhe. Mit Knobloch und Knebel führt Hans-Jürgen Mix ein echtes Traditionsunternehmen in Northeim. Doch seit gut einem Jahr stehen meistens Masken auf den Bestellscheinen: Aus Stoff, aus Plastik, mit oder ohne besondere Zertifikate. Bestellt wurde da, wo er sie kriegen kann, zu groß ist die Nachfrage – weltweit!
Hans-Jürgen Mix hat Erfahrung mit FFP2 Masken, denn normalerweise haben sie weder etwas mit Viren noch mit Pandemien zu tun. „Das ist ein klassischer Artikel für den Arbeitsschutz, ein Centartikel“, sagt der Northeimer Unternehmer. Handwerker benutzen die Masken, Heimwerker, Maler und Lackierer. Vor allem dann, wenn es so richtig staubig wird, zeigen die Masken, was sie können. Aerosole, also kleinste Partikel in der Luft, filtern sie bei einem klassischen Arbeitseinsatz locker raus. Danach sind sie fertig, kommen in den Müll. Bei sonst 13 Cent das Stück tut das zwar der Umwelt weh aber nicht so sehr dem Geldbeutel.
Preise vom Mars
Dann kam 2020 und auch Hans-Jürgen Mix traute seinen Augen nicht. „Zum Teil musste ich die Maske für fünf Euro das Stück einkaufen, bei Ebay und Amazon hatte ich sie für 50 Euro gesehen“, erinnert er sich an die Auftragsbücher Anfang vergangenen Jahres. „Als ehrlicher Unternehmer tut mir das in der Seele weh, diesen Preis an die Kunden weitergeben zu müssen. Am Ende habe ich sie fast zum Selbstkostenpreis verkauft.“
Auch das Jahr 2021 beginnt, wie das alte Jahr endet: mit einer Pandemie. Seit dieser Woche reicht es den Regierenden in Berlin aber nicht mehr, dass sich die Menschen im Land Mund und Nase verdecken, um die Ausbreitung einzudämmen. FFP2-Masken sollen es sein, mindestens aber sogenannte OP-Masken im öffentlichen Raum und überall dort, wo der Abstand nicht eingehalten werden kann. Kaum wurde die Maßnahme angekündigt, schnellten auch auf den Bildschirmen von Hans-Jürgen Mix die Zahlen wieder nach oben.
Kriminelle Energie
Doch es kommt noch schlimmer. „Es wird ja überhaupt schwierig, seriöse Lieferanten zu finden“, sagt Mix. Bis er die Masken vom Hersteller im Lager hat, waren im Schnitt zwei Händler beteiligt. Selbst importieren möchte Mix nicht, zu unsicher sei der Markt derzeit. „Im Moment habe ich drei Händler, bei denen ich die Masken beziehe und denen ich auch vertraue.“ Vertrauen spielt für Mix eine große Rolle, egal in welche Richtung. „Wenn bei mir jemand eine Maske kauft, egal ob privat oder als Geschäftskunde, trage ich dafür Verantwortung. Auch moralisch.“
Denn der Markt ist voll von Anbietern, die zwar FFP2 ins Angebot schreiben, aber Fälschungen liefern. „Wenn dann etwas passiert, dann kostet das zwar Geld, aber vor allem geht es um die Gesundheit der Anwender“, so Mix. Bis er selbst seine Händler des Vertrauens gefunden hatte, wurden Unmengen an Emails und Telefonate für vermeintliche Betrüger verschwendet. „Es gab Anbieter, die mir erzählen wollten, dass sie in Deutschland produzieren. Als ich nach den Zertifikaten fragte, herrschte Funkstille“, erzählt Mix.
So siehts aus
Inzwischen hat er gut 10.000 FFP2-Masken und 50.000 OP-Masken auf Lager. „Einen großen Puffer baue ich nicht auf, das meiste ist bestellt oder geht direkt zum Kunden“, sagt er. Das große Geld lasse sich damit nicht verdienen. „Das ist nicht unsere Geschäftsphilosophie, aber wir liefern, um unsere Kunden zu unterstützen.“ Vor allem aber soll das Alltagsgeschäft darunter nicht leiden, auch wenn das Maskengeschäft viele Kräfte bindet. „Wir achten dabei ja auch auf unsere Sicherheit, einen gewissen Teil der Masken nutzen wir selbst. Denn unsere Beratung und der Verkauf an unsere Kunden aus Handel, Handwerk und Gewerbe geht ja weiter. Wir brauchen diese Menschen, damit der Laden läuft. Und sie brauchen uns.“
Damit sie am Ende auch die richtige Maske erreicht, gibt Mix Tipps, wie Originale erkannt werden können. Jede Maske muss ein CE-Zeichen besitzen. Außerdem verfügt jede Maske über eine vierstellige Prüfzahl. Die Nummer und das Jahr der Veröffentlichung der Europäischen Norm müssen auf der Maske ebenfalls abgedruckt sein. Zudem sollte auf der Maske ein Herstellername und Artikelname/nummer abgedruckt sein. Übrigens: Auch das CE-Zeichen und die Prüfnummer müssen direkt auf die Maske gedruckt sein.
Außerdem haben die Händler wie Knobloch und Knebel selbst Zertifikate und Zulassungen der Masken hinterlegt. Im Zweifel also nachfragen.
Neue Ideen
Als Fachhändler für Arbeitsschutz weiß Hans-Jürgen Mix von Knobloch und Knebel mit dieser Art von Masken umzugehen und zu beraten. Doch seit der Corona-Pandemie werden die FFP2-Masken auch z.b. in Apotheken angeboten. Auf der einen Seite findet Mix das zweifelhaft, er sieht auf der anderen Seite aber auch eine Chance. Dann nämlich, wenn neue Händler sowieso informiert und aufgeklärt werden müssen, sobald sie – wie jetzt die Apotheken – etwas für sie neues wie FFP2 Masken verkaufen oder verteilen.
„Man könnte die Masken ja auch über Branchen verteilen und verkaufen, die aktuell geschlossen sein müssen, und ihnen damit Geschäft zu ermöglichen“, so der Vorschlag des Northeimer Unternehmers. Gastronomiebetriebe/Einzelhändler haben seit einem halben Jahr Hygienekonzepte vorhanden, sind aber geschlossen. Warum, fragt Mix, sollten sie also nicht stattdessen Masken verkaufen dürfen?