Die Landkreise Northeim und Göttingen wollen in Zukunft das Thema Wirtschaftsförderung gemeinsam angehen. Sollten politische Gremien und Kommunen der Landkreise zustimmen, soll ab 2025 aus der Wirtschafts-Region-Göttingen (WRG) mit dem Zusatz Northeim die WRGN GmbH gegründet werden. Während sich die Landräte Astrid Klinkert-Kittel (Northeim) und Marcel Riethig (Göttingen) das „böse Wort“ Kreisfusion verbieten, soll die Zusammenarbeit auch bei weiteren Themen vorangetrieben werden. Die Gründe liegen auf der Hand: Zeit, Geld und Personal könnten eingespart werden. Aber der Reihe nach.

Das böse Wort Kreisfusion

Die Wirtschafts-Region-Göttingen-Northeim, kurz WRGN, soll ab 2025 die zentrale Anlaufstelle für Unternehmen sein, die sich in der Region Südniedersachsen ansiedeln wollen oder dies bereits getan haben. Die bisherigen Kompetenzen der WRG sollen dann auch den Landkreis Northeim mit einbeziehen. Northeims Landrätin Astrid Klinkert-Kittel und Göttingens Landrad Marcel Riethig wollen mit diesem Schritt die Zusammenarbeit der beiden Kreise weiter voranbringen und den Standort attraktiver machen. Vom Wort Kreisfusion hält er nicht viel und lässt die Diskussion dazu als „Zeitverschwendung“ zunächst unter dem Druckerpapier der dazugehörigen Pressemitteilung verschwinden.

Gleiches Problem, gleiche Lösung

Klinkert-Kittel erhofft sich in der Außendarstellung eine „Wirtschaftsförderung aus einem Guss“, Rethig sieht gar einen „Meilenstein in der Zusammenarbeit“ der beiden Kreise. Laut des Göttinger Landrates sei dieser Schritt notwendig, denn „wir sitzen in der Region mit unseren Herausforderungen im selben Boot“. Gemeint ist damit zum einen der Kostendruck der vorhandenen Wirtschaftsförderungen, vor allem aber die angespannte Personalsituation. Im Northeimer Kreishaus arbeiten derzeit zwei Personen in der Wirtschaftsförderung, zwei weitere Stellen sind ausgeschrieben, bleiben bisher aber unbesetzt. Auch dem Landkreis Göttingen fehlen Fachkräfte, dort sind nominell achteinhalb Stellen besetzt.

Gemeinsames Foto zum Pressetermin (v.l.): Northeims Dezernent für Kreisentwicklung, Jan-Christopher Linck, Northeims Landrätin Astrid Klinkert-Kittel und Göttingens Landrat Marcel Riethig.

Bürgermeister wissen schon Bescheid

Die neue WRGN soll zukünftig zwölfeinhalb Planstellen besitzen und an den Standorten in Northeim, Osterode und Göttingen festhalten. Der Stammsitz der neuen GmbH hingegen soll zukünftig in Northeim sein. Beide Landräte erhoffen sich durch die Vergrößerung insbesondere auch ein vergrößertes Netzwerken und durch das gemeinsame Auftreten eine höhere Sichtbarkeit für die Gesamtregion Südniedersachsen. Der Erfolg allerdings sei im Wesentlichen abhängig von der Beteiligung der jeweiligen Städte und Kommunen beider Landkreise. Anfang der Woche habe dazu bereits ein Informationsgespräch mit Gemeindevertretern und Bürgermeistern stattgefunden. Das Feedback sei laut Klinkert-Kittel durchaus positiv gewesen. Lediglich aus dem Göttinger Kreistag habe es bereits erste Gegenstimmen gegeben, berichtet Riethig.

Kommunen sollen sich früh entscheiden

Am Abend soll auch die Northiemer Politik im Wirtschaftsausschuss erstmals mit den Plänen der beiden Landräte offiziell und öffentlich vertraut gemacht werden. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Noch-WRG vor und erklärt, wie die aktuelle Arbeit konkret aussieht und wie sie als WRGN aussehen könnte. Bis Anfang November – also in weniger als acht Wochen – sollen außerdem die Kommunen beider Landkreise ein erstes offizielles Statement, aber keine finale Entscheidung zu den Plänen einer gemeinsamen Wirtschaftsförderung abgeben. Erst dann, betont Göttingens Landrat Riethig, beginnen die Planungen und politischen Entscheidungen. Und auch erst dann müssen sich die Städte und Gemeinden entscheiden, ob sie mitmachen – und mitbezahlen. Denn, so erklärt es auch Klinkert-Kittel, „guter Service kosten Geld“. Dem Landkreis Northeim übrigens 250.000 Euro pro Jahr plus 14.000 Euro Eigenkapital. Gleiches bringt der Landkreis Göttingen ein.

Zerstört die WRGN den Wettbewerb?

Und genau das soll die WRGN auch sein. Eine Art Dach- und Netzwerkorganisation, welche die Region Südniedersachsen vertritt und den Wirtschaftsförderungen der Städte und Gemeinden zuarbeitet. Dieses „Zuarbeiten“ soll laut Riethig auch wettbewerbsfrei stattfinden. Beim Hauptthema Gewerbegrundstücke zum Beispiel könnte die WRGN vorab genau prüfen, wo welche passenden Areale zur Verfügung stehen und bei den kommunalen Wirtschaftsförderern Kapazitäten anfragen, bevor Unternehmen gezielt in die Regionen weitergeleitet werden. Primär stehe aber die Sichtbarkeit der gesamten Region für interessierte Unternehmen im Fokus. Inwiefern es möglich ist, dass einzelne Kommunen sich nicht abgehängt fühlen oder doch lieber den eigenen Kirchturm ganz vorn im Schaufenster sehen wollen, bleibt abzusehen. Auch die Rolle der Stadt Göttingen als Teil der WRGN mit eigener großer Wirtschaftsförderung blieb bisher nur vage.

Auch gemeinsames Regionalmarketing

Dass damit auch ein regionales Marketing einhergehe, wissen auch Klinkert-Kittel und Riethig sehr gut. Wenn Northeims Landrätin, dass „das nicht unser letzter Coup sein“ wird, meint sie genau das. Schon jetzt laufen Gespräche für ein zentrales Regionalmarketing im Landkreis Northeim. Dieses Thema auch gemeinsam mit dem Landkreis Northeim für ganz Südniedersachsen anzugehen, blitzte im Gespräch mit Klinkert-Kittel und Riethig immer wieder durch. „Egal welches Thema, es braucht mehr Zusammenarbeit“, betonte der Göttinger Landrat leidenschaftlich. Dabei blicken beide Landräte auch gespannt nach Hannover. Denn mit einem gemeinsame Bestreben zur Wirtschaftsförderung in Südniedersachsen soll auch das Auftreten gegenüber der Landesregierung – besonders bei der Vergabe von Fördergeldern – selbstbewusster geschehen. „Klar ist aber auch, dass wir zeigen und beweisen müssen, dass es funktioniert“, sagt Landrat Riethig.

Keine neuen Strukturen

Ziel soll es auch sein, nach Außen als Einheit zu fungieren. Tatsächlich ist das auch im Landkreis Northeim nicht leicht. Dort gibt es, ähnlich wie in Göttingen, viele verschiedene Anlaufstellen zum Thema Gründung oder Wirtschaftsförderung. Wahlweise als eigenständige Unternehmen oder an Kommunen angegliedert. Entsprechend stellt sich auch bei der WRGN die Frage, wohler die Mitarbeitenden kommen sollen. Göttingens Landrat Riethig betont, dass „es keine neuen Strukturen“ brauche, sondern nur die Zusammenarbeit. Beispiel: Den aktuellen Mitarbeitenden der Wirtschaftsförderung im Landkreis Northeim werden laut Klinkert-Kittel angeboten, in die neue GmbH zu wechseln. „Zum einen sind wir aber noch nicht so weit, zum anderen wird das, wenn überhaupt, freiwillig geschehen.“

Wie es jetzt weitergeht

Noch ist die WRGN eine Idee, eine Initiative, für die die Zustimmung der Gremien und Genehmigungen fehlt. Außerdem müssen erst Städte und Gemeinden aus dem Landkreis Northeim für eine Mitgliedschaft in der Wirtschaftsförderungsgesellschaft gewonnen werden. Diese Beteiligungen und Genehmigungen werden in den kommenden Monaten angestrebt, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Ziel sei es, dass im ersten Quartal 2024 von der aktuellen Gesellschafterversammlung der WRG der Beschluss gefasst wird, einen Zusammenschluss mit dem Landkreis Northeim zur WRGN umzusetzen. Nachdem auch der Kreistag sowie die jeweiligen Räte der neuen Gesellschafter zugestimmt haben, in die neue Gesellschaft einzutreten, soll die Wirtschaftsförderung Region Göttingen Northeim GmbH dann ab dem 1. Januar 2025 loslegen.

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