Während in Rom weißer Rauch aufstieg und ein neuer Papst gewählt wurde, fand auch in der Northeimer Stadthalle ein Moment der Einigkeit und Richtungsentscheidung statt: Der Stadtrat hat am Donnerstag den neuen Doppelhaushalt für 2025 und 2026 beschlossen – und das nach über acht Monaten intensiver Beratungen. Bürgermeister Simon Hartmann nannte es „die intensivsten Haushaltsgespräche, die ich kommunalpolitisch jemals erlebt habe“. Trotz politischer Differenzen gelang ein fraktionsübergreifender Kompromiss, der das erwartete Defizit deutlich senkt.

Zahlen, Ziele und Zäsuren

Der neue Haushalt ist keine Schönwetterrechnung, sondern ein ehrliches Stück Finanzpolitik. Für 2025 wird nun mit einem Defizit von 5,8 Millionen Euro gerechnet – ursprünglich waren es fast doppelt so viel. 2026 liegt das erwartete Minus bei 7,4 Millionen statt 11. Über die gesamte Planung hinweg wurden 25,1 Millionen Euro eingespart. Die ursprünglich erwartete Gesamtlücke von 61 Millionen Euro wurde damit auf 36 Millionen reduziert.

„Ein Kompromiss“, so Hartmann, „aber ein notwendiger“. Den gespart wird vor allem auf der Ausgabenseite. Das gelingt unter anderem über die Reduzierung der Personalkosten um 3,2 Millionen Euro. Statt der ursprünglich geplanten 33 Stellenstreichungen einigte man sich auf 23 – ein Kompromiss, den Hartmann als „vertretbar“ bezeichnet. Die Devise lautet nun: Freiwerdende Stellen sollen grundsätzlich überprüft und möglichst nicht neu besetzt werden.

Ungewohnte Töne: Lob von CDU und FDP

Besonders bemerkenswert: Der Antrag zum Haushalt wurde nicht nur von der Verwaltung, sondern auch mit Lob von CDU und FDP eingebracht. CDU-Fraktionschef Hainer Hegeler sprach von einem „einvernehmlichen Papier“ und betonte die Verantwortung aller Fraktionen: „Das Defizit ist existenzbedrohend. Ohne die Ablehnung des ersten Vorschlags wäre diese Verbesserung nicht möglich gewesen.“

Auch FDP-Ratsherr Eckhard Ilsemann zeigte sich fast euphorisch: „Das habe ich noch nie erlebt – dass man sich so gegenseitig lobt.“ Selbst SPD-Ratsherr Sebastian Penno, trotz schmerzhafter Einschnitte, bekannte: „Der Kompromiss ist wichtig und gut.“

Die finale Abstimmung war entsprechend deutlich: Nur eine Gegenstimme (FUL) und eine Enthaltung (AfD) gab es bei der Beschlussfassung.

Dicke Luft bei der Innenstadtsanierung

Nicht ganz so harmonisch verlief die Debatte zur Städtebauförderung. CDU-Ratsfrau Alexandra Sieder warf Bürgermeister Hartmann vor, mit der Aufgabe der Münsterplatz-Sanierung das zentrale Ziel des Förderprogramms „Lebendige Zentren“ aufgegeben zu haben. Ihre Fraktion forderte den sofortigen Ausstieg aus dem Programm. Nach fast neun Jahren sieht sie kaum sichtbare Erfolge der Innenstadtsanierung – trotz 21 Millionen Euro Förderung. Kernkritikpunkt ist das Aus für den Umbau des Münsterplatzes, das die CDU als „Dolchstoß“ bezeichnet. Auch die SPD habe ihre Haltung ohne nachvollziehbare Gründe geändert. Statt sinnvoller Projekte seien nun hastig „Ersatzprojekte“ entstanden, die kaum Akzeptanz fänden.

Angesichts eines Defizits von 36 Millionen Euro in fünf Jahren fordert die CDU, die städtischen Ressourcen anderweitig einzusetzen. Öffentliche Maßnahmen sollen gestoppt, private nur noch begrenzt gefördert werden. Ob ein „lebendiges Zentrum“ für Northeim überhaupt noch erreichbar ist, sei zweifelhaft.

SPD und Verwaltung widersprachen deutlich. Hartmann betonte, dass Ersatzprojekte auf einem gemeinsamen Ratsbeschluss basierten. „Diese Darstellung ist schlicht falsch“, so der Bürgermeister. Ein Ausstieg sei zudem ein „fatales Signal“.

Die Ratsmehrheit teilte diese Einschätzung – der CDU-Antrag wurde bei nur zehn Ja-Stimmen abgelehnt.

Zukunft: Ehrlich, schlanker – und mit Perspektive

Trotz mancher Reibung betonten alle Beteiligten das konstruktive Miteinander. Der Haushalt sei „besser und ehrlicher“ als frühere Entwürfe, sagte Hartmann. Besonders erfreulich: Auch in Zeiten des Sparens einigte man sich auf zusätzliche Unterstützung für Grundschulen – ein Zeichen dafür, dass nicht nur gestrichen, sondern auch gestaltet wird.

Am Ende galt der Dank fraktionsübergreifend der Finanzabteilung der Verwaltung – ein seltener, aber verdienter Moment des Einvernehmens.

Northeim zieht die Reißleine – mit Augenmaß

Der neue Haushalt ist kein Grund zum Jubel, aber ein starkes Signal: Northeim steuert gegen, nimmt Defizite ernst und wagt politische Kompromisse.  In Rom ein Papst, in Northeim ein Haushalt.

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