Wer jetzt noch eine grüne Corona-Warn-App in der Hosentasche spazieren trägt, hebe bitte einmal die Hand. Aha. Allein gestern haben sich im Landkreis Northeim mehr als 300 Menschen neu mit dem Virus angesteckt. Wer bisher noch nicht mit Corona in Berührung gekommen ist, kennt nun mindestens jemanden. Auch deshalb wird das Land Niedersachsen die Warnstufe 3 bis zum 23. Februar verlängern. Dass die Zahlen nun auch in Northeim steigen, sollte niemanden verwundern – doch ist die Wucht überraschend.
Keine detaillierten Zahlen
Erst zum Wochenstart hatte der Landkreis angekündigt, keine detaillierten Zahlen mehr zu veröffentlichen. Weil es die Gesundheitsdienste nicht mehr können, wie es heißt. Zu viele Neuansteckungen. Die 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner liegt mittlerweile bei 591,9. Gleichzeitig aber bleiben die Zahlen der Patienten auf Intensivstationen im Land im Verhältnis niedrig. Betroffen sind laut RKI aktuell vor allem junge Menschen, Kinder und Schüler. Die tragen die Infektion wiederum in die Familien – ein Szenario, das vor einem Jahr noch zu Schulschließungen führte.
Neue Regeln
Mit der Verlängerung der sogenannten Winterruhe kommen auch neue Regelungen dazu. Personen, die ihre dritte Impfung erhalten haben, müssen nach wie vor keinen negativen Test vorlegen. Neu gilt dies nun auch für diejenigen, die geimpft und genesen sind – allerdings nur bis 90 Tage nach der Genesung. Danach ist eine sogenannte Booster-Impfung notwendig. Neu ist auch, dass bei der Nutzung von Sportanlagen an der frischen Luft nur noch ein 3G-Nachweis vorgelegt werden muss. Es reicht also immer ein tagesaktueller negativer Test oder der Nachweis einer Impfung aus. Der Spielbetrieb allerdings, zum Beispiel beim Fußball, darf nur unter 2G-Plus stattfinden. Gleiches gilt für Sport in geschlossenen Räumen. Ausgenommen sind Jugendliche unter 18 Jahren.
Es trifft jeden. Überall.
Dass es diese Altersgruppe im Augenblick am deutlichsten trifft, zeigen die Zahlen des RKI. Laut Berechnungen des NDR liegt die 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner bei den 5-14 Jährigen bei 1.588. Trotz der hohen Zahlen lasse sich laut Kreisverwaltung aber kaum bis gar nicht mehr nachvollziehen, wie sich die Menschen in der Region anstecken. „Die Kontaktnachverfolgung ist grundsätzlich auch nur dann zielführend, wenn es einzelne Infektionsketten gibt. Dies ist nicht mehr der Fall“, heißt es auf Nachfrage. Demnach seien inzwischen so viele Personen erkrankt, „dass sich jede und jeder praktisch überall anstecken kann, wo er oder sie mit Menschen in Kontakt ist“, so eine Kreissprecherin.
Landkreis hat keine Ideen
Was bleibt, ist eine einfache Empfehlung: Maske tragen, Abstand halten und lüften. Das allein scheint angesichts der Entwicklung im Landkreis Northeim aber kaum etwas zu bringen. Die Gesundheitsdienste der Kreisverwaltung schieben die Verantwortung an das Land. „Die Schulen bekommen die Hygienekonzepte und Handlungsanweisungen vom Sozialministerium vorgegeben.“ Dem Landkreis bleibt nur das schon seit Monaten bestehende Test- und Impfangebot. „Geimpft und geboostert sind alle Altersgruppen besser vor einem schweren Covid-Verlauf geschützt“, heißt es aus dem Kreishaus wie eine Durchsage zur großen Pause. Und wieder: „Zusätzlich sind gut sitzende Masken wichtig für den persönlichen Schutz, ergänzt durch regelmäßiges Lüften.“