Manchmal braucht es gar nicht viel, um zu sagen, um was es wirklich geht: Liebe. (Punkt). Und was ist nachhaltiger als eben diese? Gut gepflegt hält sie mindestens ein Leben lang. Für die Katlenburgerin Julia Schwarz bringt es das auf den Punkt. Im Oktober öffnet sie auf der Burg Scharfenstein im thüringischen Leinefelde eine Boutique für nachhaltige Hochzeitsmode. Für sie geht es dabei mehr als nur um schöne Kleider.
Um #fairtrauen. Und Liebe.
Auf der Burg
Mit einem wundervollen Ausblick über das Eichsfeld begrüßt die Burg Scharfenstein ihre Besucher. Seit Anfang Oktober können Paare sich hier vor eben dieser Kulisse nicht nur trauen, sondern vorab auch für das richtige Kleid und den passenden Anzug entscheiden. Julia Schwarz geht mit ihrer Boutique Liebe. allerdings ganz neue Wege. Wege, die es bisher so noch nicht gegeben hat, wie die junge Unternehmerin betont. „Es gibt keine Geschäfte für Hochzeitsmode, die ausschließlich auf nachhaltige Kleidung und Produkte setzen“, sagt Schwarz. Damit ist sie Pionierin – und das sogar aus Überzeugung.
Aber warum eröffnet eine Katlenburgerin ausgerechnet im Eichsfeld eine Boutique? Die Geschichte beginnt – natürlich – mit einer Hochzeit. Die von Julia Schwarz und ihrem Matthias. „Wir haben nach einer Location für unsere Hochzeit gesucht, hatten etwas gefunden – und kurz danach diese Burg entdeckt“, erzählt die Gründerin. Das Paar hatte sich sofort in die Burg und den Hof verliebt und verlegte die Hochzeitsplanungen direkt dorthin. Dabei kamen sie auch mit dem Hotelbetreiber ins Gespräch. „Wir haben erkannt, dass hier ein wunderbarer Ort für Hochzeiten entsteht.“
Bisher war sie im Hochzeitshaus in Northeim beschäftigt, grundsätzlich nicht die falscheste Adresse. Aber jetzt möchte sie selbständig ihre Ideen und Überzeugungen umsetzen. „Wie wäre es also, auf der Burg eine Boutique für Hochzeitsmode zu eröffnen, aber nach meinen Vorstellungen?“ Das Konzept überzeugte, und auch die freie Tenne der Burg, also der ehemalige Heuboden, passte perfekt. „Alles war da, nur wir fehlten noch.“ Coronabedingt war genug Zeit da, alles zu planen und vorzubereiten. Fast ein halbes Jahr lang wurden Lieferanten und Produzenten besucht, wurden Name und Marke entwickelt. „Alles, was wir hier tun, lässt sich am Ende auf ein einziges Wort reduzieren: Liebe. Punkt. Und das war für mich so klar, dass ich den Namen so ausgewählt habe“, sagt Schwarz.
Mit dem Hashtag #fairtrauen möchte sie ihre Kunden dazu motivieren, sich auf ihr Konzept einzulassen – und damit auch auf die Welt nachhaltiger Hochzeitsmode. Denn diese sei nicht nur wunderschön, sondern eben auch fair gehandelt. „Ich habe Jahrelang selbst erlebt, wie groß und ein Stück weit aufgeblasen dieser Markt auch ist. Diesem Trend möchte ich entgegenwirken“, sagt Schwarz.
Ein neuer Markt
Wochenlang bereist und besucht sie zahlreiche Lieferanten in Deutschland, die ihr sofort die Tür öffnen. Echte Handwerker und echtes Handwerk. „Es sind kleine Manufakturen und selbständige Schneider, die nachhaltige Brautmode produzieren. Als ich ihnen von meiner Idee erzählte, waren sie dankbar. Denn so etwas gibt es noch nicht“.
„So etwas“ ist eine Boutique ausschließlich mit nachhaltiger Brautmode, Anzügen und Accessoires. Fünf Lieferanten für Brautkleider hat Schwarz ins Sortiment aufgenommen, dazu zahlreiche Marken. Direkt aus der Nachbarschaft sogar die „Green Wedding“ Serie von Wilvorst, genauso handgefertigte Accesoires aus Hamburg, Düsseldorf oder München. Lagerware gibt es nicht, aber von jedem Design ein Stück vor Ort. „Jedes zu bestellende Kleid ist eine Maßanfertigung, ein Einzelstück.“ Alles in Deutschland Produziert und vermarktet, mit Rohstoffen aus nachhaltiger Produktion“, verspricht Schwarz. Die Maße werden passgenau vor Ort auf der Burg Scharfenstein von ihr selbst genommen und persönlich an die Schneider übergeben.
Und das ohne großen Preisaufschlag. „Die Mode bei LIEBE. ist nur unwesentlich teurer als Kleider von der Stange, meistens spielt sich alles im selben Preissegment ab“, erklärt die Gründerin. Das liegt vor allem an den großen Margen bei Stangen-Kleidern, die oft in der Türkei oder China genäht werden. Davon profitieren meistens nur die Zwischenhändler. Nun ist aber alles anders. #fairtrauen eben.
Jeden der ausgewählten Produzenten kennt Schwarz persönlich, weiß, woher die Stoffe kommen und kann damit auch selbst aus Überzeugung hinter jedem Produkt stehen. Optimierte Prozesse und die Fertigung in kleiner Stückzahl lassen schließlich die nachhaltige Produktion zu. Doch auch ein Umdenken bei den Kunden müsse stattfinden.
Zwar ist der Beriech der nachhaltigen Hochzeitsmode bisher noch eine Nische, aber eine die wächst, sagt Schwarz. Das fange allein schon bei der Überlegung an, ob ein Hochzeitskleid wirklich nur für diesen einen Tag gemacht sein muss. „Ich finde es wichtig, dass die Leute darüber nachdenken“, sagt Schwarz. „Alle diese Kleider lassen sich nach der Hochzeit ohne große Umstände ändern und einfärben, sodass sie ein zweites Leben bekommen. Die Rock- und Oberteilkombinationen – „Mix and Match“ genannt – bieten vielfältige Tragemöglichkeiten. Dazu berate ich die Bräute natürlich sehr gerne. Und die Anzüge können in anderen Kombinationen super in die Alltagsgarderobe integriert werden.“
Die Boutique
Julia Schwarz gibt ihrer Boutique unter dem Dach der Burg Luft zum Atmen, es wirkt weder voll noch leer. Die Kleider, Anzüge und Accessoires hat sie mit bedacht ausgewählt. Zwei große Umkleiden mit Vorhängen und Tageslicht bieten ausreichend Platz für die angehende Braut, das Kleid und mindestens zwei Helferinnen. Türkies-Blaue Sitzbezüge ergänzen sich zum Amber des Fachwerkholzes. Tische, Regale und sogar die Kleiderständer sind selbstgemacht, aus Eichenscheiben, geschmiedetem Stahl und kernigem Holz. „Wir haben Kontakt zu einem Schmied im Nachbarort bekommen, der uns unter andrem auch den Tresen inklusive Logo hergestellt hat“, sagt Schwarz stolz. „Wir haben uns da richtig ausgetobt.“
Entstanden ist ein aufgeräumter, symmetrischer Raum voller Gemütlichkeit und Übersicht, voller verspielter Details und trotzdem angenehmer, wuchtiger Größe. Zwei Bereiche schreien förmlich nach Gemütlichkeit, ein altes Sofa passt farblich verdächtig gut zum Rest des Raumes. „Das ist schon ein seltsamer Zufall“, sagt Schwarz. „Das Sofa habe ich von meinem Ur-Opa übernommen, ich fand es einfach so schön, aber nie einen Ort, an den es passte. Dann habe ich diesem Raum gesehen, diese Farben. Und es sieht so aus, als hätte es niemals irgendwo anders gestanden.“ Das dazu passende Geschirr stammt wiederum von der Oma, ebenfalls so klassich-alt-kitschig, dass es in dieser Atmosphäre wieder modern und passend wirkt. „Mit Goldrand, das gibt es ja auch nicht mehr“, scherzt Schwarz und schenkt den Kaffee nach.
Corona
Eine Eröffnungsfeier gibt es nicht. „Die holen wir vielleicht im kommenden Jahr mit den anderen nach“, hofft die Gründerin. Die Anderen, dass sind neben dem Hotel auf der Burg auch eine einzigartige Whiskywelt. Also ein wahrlich besonderer Ort. „Die Schneider haben die ersten Stücke zum Teil persönlich ausgeliefert. Das war ihr Einweihungsgeschenk“, berichtet Schwarz. Öffnungszeiten gibt es nicht, nur „fairABREDUNGEN“. „Wenn eine Beratung in der Boutique stattfindet, dann gehört diese Zeit nur der angehenden Braut oder dem Bräutigam und der Begleitung“, verspricht Schwarz.
Dann wird entweder bei echtem Katlenburger Sekt das neue Hochzeitskleid ausgesucht, oder bei einer Flasche Neunspringer Bier der passgenaue Anzug. So oder so verspricht Julia Schwarz ein einmaliges Erlebnis. Sowohl vor beeindruckender Kulisse, als auch mit der vollen Überzeugung, nicht nur etwas Schönes, sondern auch etwas Gutes und Nachhaltiges zu kaufen.