Northeim trauert um eine seiner bedeutendsten Persönlichkeiten. Corrado Di Liello ist am vergangenen Mittwoch im Alter von 84 Jahren gestorben. Bekannt wurde „Conrad“ vor allem als Besitzer der Eisdiele am Markt und sein Engagement für die Northeimer Innenstadt, den Sport und die Waldbühne. Doch er war auch Ehemann, Vater, Großvater, Freund – und Onkel Conrad.

Namen und Gesten

Wir trauern um Conrad, der eigentlich Corrado Di Liello heißt. Weil wir Abschied nehmen von einem Mann, der 84 Jahre alt geworden ist. Wir nehmen Abschied von einem Ehemann, einem Vater, einem Großvater und Freund. Aber es ist auch eine Zeit der Freude, die wir spüren, wenn wir uns an die Momente erinnern, in denen wir Conrad begegnet sind. Auf den Straßen, in der Innenstadt und in seinem Café-Klo, das eigentlich Cellino und heute Cortina heißt.

Als Northeimer war es schlichtweg unmöglich, Conrad nicht zu begegnen. Als Inhaber und Gastgeber des Eiscafés am Markt zog er die Aufmerksamkeit auf sich. Mit großen Gesten spielte er nicht den Gastgeber, sondern lebte ihn. Sein Engagement für die Innenstadt, für die Menschen in Northeim und für die Waldbühne blieben unvergessen. Wo Conrad war, schien eine laute Sonne. Bis zuletzt.

Mit seiner Art versprühte Corrado Di Liello eine Energie, die einnehmend und ansteckend zugleich gewesen ist.

Mein Onkel Konrad

Zwei Dinge bedeuteten Corrado im Leben alles. Sein Glaube an Gott gab ihm nicht nur Kraft, sondern auch Vertrauen in das Leben und die Energie, jeden Tag eine kleine oder große Sonnen auferstehen zu lassen. Er vertraute darauf, dass alles gut sein wird. Bis er es wusste. Genau wie seine Familie, mit Ehefrau Isa und den beiden Söhnen und Enkelkindern. Sie waren immer an seiner Seite und die Liebe, die er gab, nahm er auch wieder an sich.

Für mich ist er Onkel Konrad. Meine Beziehung zu ihm und seiner Familie ist eng und besonders. Ich bin im Hause Di Liello aufgewachsen, denn es stand gegenüber meines Elternhauses. War ich allein, passten Isa und ihre Söhne wie Brüder auf mich auf. Zu der Zeit arbeitete Corrado erst als Glaser, später führte er zusammen mit seiner Ehefrau die ehemalige Kegelbahn am Rücking. Der Traum von der Eisdiele folgte wenig später. Auch, weil die Gesundheit es von ihm verlangte.

Spendensammler und ein Advokat der guten Sache: Corrado Di Liello machte mit seinem Handeln die Welt ein bisschen besser. Davon ließ sich auch Michael Thürnau vom Norddeutschen Rundfunk beeindrucken.

Ein echter Northeimer

Wen Conrad erst mal eingefangen hat, den ließ er so schnell nicht wieder los. Seine Liebe und Aufmerksamkeit waren wie eine feste Umarmung, die manchmal auch drückte – nach der man sich aber immer wieder sehnte. Kinder waren seine Lieblingsgäste, für sie gab er 110 Prozent. Er wurde der Onkel, der Clown, der Eisverkäufer und Showmaster. Das war zu Hause nicht anders. Auf der Terrasse wurde laut diskutiert, gelacht und gefeixt. Niemand sprach das Wort „nämlich“ so wunderbar falsch aus wie Conrad – „nimmich“ – und packte es so oft in einen einzigen Satz wie er.

Niemand demontierte mit so viel Leidenschaft und langen Sätzen die Stadt- und Weltpolitik, und niemand hatte so viele Ideen, wie es besser geht. Aber niemand tat es dann auch so, wie Conrad. Er sammelte Spenden, rief Mitstreiter zusammen, gründete Vereine. Conrad war ein Macher, besuchte gern sein geliebtes Italien – blieb seiner eigentlichen Heimat, Northeim, aber immer und bis zuletzt treu.

Die schwerste Turnübung ist es, sich selbst auf den Arm zu nehmen. Für Corrado Di Liello eine Lebensweisheit, die ihn weit gebracht und glücklich gemacht hat.

Immer ein Energiebündel

Conrad war Conrad. Manchmal stur, manchmal aufbrausend, immer stolz. Auf seine Familie, seine Freunde, sein Werk. Seine große Liebe Isa brachte ihn in den 1960er Jahren überhaupt erst nach Deutschland. In Italien hatte er Medizin studiert, immerhin drei Semester. „Ich wollte immer den Menschen helfen, das war immer meine Motivation, mein Motor“, sagte er mir bei einem Interview zu seinem 80. Geburtstag. Er lernte das Handwerk des Glasers, bekam auf den Baustellen der Rhumestadt seinen Spitznamen. Conrad half der Polizei als Übersetzer. An den Räubergeschichten, die er den Kindern erzählte, war also immer etwas dran.

Die Rente nutze er für Reisen, für die Familie und den Garten. Für Freunde und Freude. Verbiegen ließ er sich nie, auch wenn der Rücken mal krumm war vor Schmerzen. Auch dann nicht, als die Gesundheit ihren Tribut einforderte. Die Bewegungen fielen ihm schwer, aber die Gesten sprudelten weiter aus dem Herzen und dem Mund. Bis zuletzt, als er am vergangenen Mittwoch im Kreise seiner Familie die letzte Ruhe fand. Am heutigen Mittwoch nehmen sie, nehmen wir Abschied von einem Menschen, der mit jeder Begegnung und jeder Erinnerung etwas in seinem Gegenüber hinterließ, das für immer bleiben wird.

Danke dafür, Onkel Conrad. Danke dafür.

Fotos: Familie Di Liello

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