Zum Jahresstart hat die Stadt Northeim die Vergnügungssteuer erhöht. Blanker Hohn, heißt es; schließlich sei in Northeim nichts los. Bestes Beispiel: das Stadtfest. Seit zehn Jahren sucht die Veranstaltung sich selbst. Erzählt wird von längst vergessenen und unvorstellbaren Zeiten: eine volle Innenstadt, laute Bühnen und Neider aus Einbeck und Göttingen.

Das „kleine Stadtfest“ der vergangenen Jahre ist nicht mal ein Schatten davon. Bemüht haben sich die Veranstalter Marco Fries (Dons Diner), Bepi und Stefan Köhler (Hotel Deutsche Eiche) trotzdem, und haben für den 19. und 20. Juni 2020 einen Partner dazu geholt. Einen Eventmanager, einen Sänger, Musiker, Künstler und Macher. Der die Großen und Kleinen der Branche kennt. Einen der aneckt und der polarisiert. Einen, der richtig Bock hat, es allen zu beweisen: Das Northeim eine tolle Stadt ist. Und das er das kann.

Tomas Sniadowski ist: der Mann mit dem goldenden Adressbuch.

Nichts los

Schuld sind, wenn man das so sagen möchte, die Erinnerungen an vergangene Tage. An eine volle Innenstadt, an Musik und Buntes, alle zwei Meter neu. Auch Tomas Sniadowski kennt diese Stadtfeste nur noch aus Kindheitserinnerungen: Menschenmassen, tolle große Bühnen, Musik und Süßigkeiten. „Ein Wochenende voller Spaß. Und da möchte ich auch gerne wieder hin.“  Der Eventmanager hat sich einen Namen als Sänger gemacht. Mit Vintage Vegas tritt er zusammen mit Giovanni Zarrella und Inan Lima bundesweit auf die Bühne. Als Tom Marks – so sein Künstlername – arbeitet er auch als DJ. Vor allem aber setzt er andere in Szene: Als Produzent von Events, Musikern und ihrer Musik.

Auch deshalb finden sich in seinem Adressbuch Namen wie Ross Antony und der Supertalent-Gewinner Ricardo Marinello. Sogar dem Northeimer Maurizio Testa hat er zu einer eigenen CD verholfen. Egal, wer in den deutschsprachigen Charts gerade in den Top 10 unterwegs ist: Seine Nummer steht in diesem Buch, nur eine kurze Whatsapp entfernt.

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Das alles macht er aus Northeim, einer Stadt, in der nichts los ist. Seine Agentur Citysoundz hat ein Zuhause direkt an der Innenstadt, seine Kinder werden hier groß – und ihnen möchte er auch etwas bieten. Dieses „nichts los“ ist also genau vor seiner Tür. Und wenn das jemand ändern kann, warum dann nicht er? Schon in der Northeimer Stadthalle stellt er immer wieder erfolgreiche Veranstaltungen wie die Italienische Nacht und die große Silvesterparty auf die Beine. Das Stadtfest ist auch für ihn Neuland. Aber genau das macht es auch so spannend, erzählt er. Auch, weil es ein großes Risiko ist. Mit der Chance, alles zu gewinnen – und alle. Was ihm dabei hilft, ist sein Erfahrung im Rampenlicht. Und seine Kontakte.

Motivation

„Es gibt immer weniger Leute, die etwas veranstalten, die sich trauen etwas zu machen, weil es immer schwieriger ist. Kaum jemand möchte raus, kaum jemand möchte Geld ausgeben. Du musst erstmal einen Veranstalter finden, der bereit ist, das Risiko zu tragen.“ Trotzdem ist er begeistert, dass die bisherigen Veranstalter des kleinen Stadtfestes es die vergangenen neun Jahre so gemacht haben, wie sie es gemacht haben. Trotz der Tatsache, dass sie noch ihre eigenen Betriebe und andere Verantwortungen zu tragen haben. „Das ist auch der Grund, warum sie mich angesprochen haben, das ich mitmache.“

Auszüge aus dem Interview findest Du auch in der aktuellen Folge des Northcast

Leicht ist ihm diese Entscheidung aber nicht gefallen, ein zwei Tage musste er überlegt. „Ich habe natürlich neben vielen positiven Dingen, die ich in Northeim erlebt habe, auch die Steine und Stöcke zwischen den Beinen gespürt und mir blutige Knie geholt.“ Aber er glaubt an Northeim und dass sich daraus etwas machen lässt. Es brauche nun mal „ein paar Idioten, die es auf ihre Kosten machen“. Aber warum tut er sich das an? Die Geschichten legendärer Stadtfeste allein kann es nicht ein. Das Bewahren der Kindheitserinnerungen vielleicht? „Ich glaube, dass wenn wir den Leuten etwas bieten, das alle anspricht, können wir es schaffen, die Stadt wieder auf ein gewisses Niveau zu führen.“

An den Northeimern selbst soll es nicht liegen, dass das bisher nicht geklappt habe. Schließlich gab es 2016 die erfolgreiche NDR-Stadtwette. Die Innenstadt war voll, alle haben mitgemacht. Genau das nimmt sich Tomas als Beispiel. „Ich sehe nach wie vor sehr großes Potenzial in Northeim und kenne viele, die vollgas geben, obwohl sie damit kein Geld verdienen. Das sind Leute, die an etwas glauben und durchhalten. Ich glaube an die Stadt Northeim. Diese großartigen Erinnerungen, die ich habe, möchte ich auch meinen Kindern bieten.“

Wer will das?

Tomas Sniadowski hat die Kontakte in die Branche und die Netzwerke. Ein goldenes Adressbuch großer Namen, die einem Northeimer Stadtfest bisher gefehlt haben. „Das macht es mir bestimmt auch einfacher, so etwas umzusetzen.“ Bisher hat Tomas große Shows auf die Bühne gebracht. Aber ein Stadtfest mit mehreren Bühnen, großen Flächen und offenem Himmel, das ist selbst für ihn neu. Auch hier ist das finanzielle Risiko ein ganz anderes, betont er. Denn ein Stadtfest nimmt keinen Eintritt. Das einzige Geld, das eingenommen wird, kommt als Zuschuss von der Stadt und „vielleicht eine Standgebühr der Standbetreiber.“ Aber weil sich offenbar herumgesprochen habe, dass in Northeim nicht viel los sei, kommen die meisten gar nicht erst. Von einer Standgebühr könne da gar nicht gesprochen werden. „Genau die will ich aber überzeugen, dass etwas los ist in Northeim.“

Zuletzt hatte die Stadt Northeim 25.000 Euro zur Unterstützung des kleinen Stadtfestes zugesagt. Ob diese Summe auch 2020 überwiesen wird, sei noch nicht klar. Dennoch stellt sich die Frage, ob die Stadt Northeim nicht über das Geld hinaus mehr Verantwortung tragen sollte. Ist das Stadtfest nicht auch eine Werbeplattform für die Stadt? „Ich wünschte mir schon, dass die Stadt sich mehr engagiert, keine Frage. Aber wir wissen natürlich, dass die Ressourcen in der Verwaltung dazu gar nicht da sind.“

Das Programm

Ein Schaubild für die Stadt wird es trotzdem. Sportvereine sollen mit einem Sportsamstag einbezogen werden, Führungen werden durch die Fachwerkstadt angeboten, ein ökumenischer Gottesdienst soll die Festtage einläuten. Highlight wird für Tomas Sniadowski der Auftritt der „Hit Radio Show“, seiner Meinung nach einer der besten Bands in Deutschland, um für ordentlich Stimmung zu sorgen. Und die kommen übrigens aus der direkten Nachbarschaft; Bovenden. Ein weitere großer Name ist derzeit in Planung – soll aber erstmal eine Überraschung bleiben.

Beim Essen ist erstmals auch die Küche des Freigeist-Hotel mit am Start, begleitet von Klassikern wie Bepis Panzarotti und Foodtrucks. Schon jetzt ist klar: Erstmals wird es am Samstag eine After-Show-Party in der Stadthalle geben. Vorher geht es am Freitag um 16 Uhr und am Samstag schon um 10 Uhr los.

„Ich habe immer noch das Bild der NDR-Nacht im Kopf, als alle überrascht waren, als die Stadt voll war. Das wollen wir jetzt auch. Ich freue mich auf die Musik, die hochwertigen Künstler. Ich freue mich auf alle, die gerne zum Naschen kommen – da werden wir eine tolle Mischung zusammenstellen. Viele haben zugesagt, was für Northeim spricht und zeigt, das vieles am Zusammenwachsen ist und man Hand in Hand in die Zukunft gehen sollte.“

Dass er das wirklich kann, muss und will er beweisen. Den Northeimern, vor allem aber auch sich selbst. „Ich behaupte: das kracht dieses Jahr richtig.“

 

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