Die Northeimer Innenstadt wird am kommenden Wochenende zur Bühne für die NOM MOT – ein Event, das Menschen, Musik und Mobilität feiert. Nur: Die Geschäfte bleiben am Sonntag geschlossen. Kurz vor der Veranstaltung hat das Verwaltungsgericht Göttingen den geplanten verkaufsoffenen Sonntag gekippt. Grund dafür ist eine Klage der Gewerkschaft ver.di. Im Zentrum des Konflikts: Gesetze, Vertrauen – und ein Möbelhaus.
Rückblick: Ein Sonntag im Dezember 2024
Der Streit zwischen der Stadt Northeim und der Gewerkschaft ver.di schwelt nicht erst seit der aktuellen Gerichtsentscheidung. Er beginnt im Dezember 2024, als ein Möbelhaus einen eigenen verkaufsoffenen Sonntag durchführen will – ohne rechtliche Grundlage, wie Leon Huesmann, Gewerkschaftssekretär bei ver.di, im Gespräch erklärt. „Es war offenkundig nicht genehmigungspflichtig, wurde aber trotzdem geöffnet.“ Ver.di legte Einspruch ein, wies in Stellungnahmen und Telefonaten mit der Stadtverwaltung auf die Rechtslage hin. Ohne Erfolg. „Die Stadt hat trotzdem versucht, mit allen Mitteln die Sonntagsöffnung durchzudrücken“, sagt Huesmann. Das Möbelhaus öffnete, obwohl das Verwaltungsgericht Göttingen die Genehmigung gekippt hatte. Für Huesmann ein Wendepunkt: „Wenn eine Stadt der Meinung ist, dass für sie die Gesetze nicht gelten, dann schaue ich mir alle Öffnungen genauer an”, begründet er seinen Anfangsverdacht.
Gericht: Keine rechtmäßige Grundlage
Genau das ist geschehen. Die Genehmigungen für die verkaufsoffenen Sonntage 2025 wurden überprüft – und laut Huesmann zunächst für rechtswidrig befunden. Das Verwaltungsgericht Göttingen hat zwar noch keine endgültige Entscheidung getroffen, doch die gehoffte aufschiebende Wirkung für kommenden Sonntag gilt nicht. Die geplante Ladenöffnung zur NOM MOT bleibt zunächst unzulässig. Grundsätzlich darf sonntags nur dann eine Öffnung genehmigt werden, wenn sie „lediglich ein Anhängsel“ einer größeren Veranstaltung ist, nicht aber der prägende Teil. Und das war aus Sicht von ver.di und des Gerichts gegeben.
Stadt auf Konfrontation
Für Huesmann ist klar: Der Konflikt ist strukturell. „Es ist nicht so, als hätten wir nicht schon zusammengesessen“, sagt er. Doch das Vertrauen sei weg. Zwar habe es zahlreiche Gespräche mit der Verwaltung gegeben, aber: „Die Stadt weigert sich bisher, an Prozessen teilzunehmen und hält sich nicht an eigene Zusagen.“ In anderen Städten funktioniere die Zusammenarbeit, sagt der Gewerkschaftssekretär. Etwa in Göttingen. Dort wurde gemeinsam mit Verwaltung und Einzelhandel ein Verfahren erarbeitet, das Rechtssicherheit und Planung ermöglicht und die Beschäftigten stärkt. „Die Basis dafür ist ein grundsätzliches gegenseitiges Vertrauen. Das fehlt in Northeim“, so Huesmann.
Gewerkschaft: Sonntagsschutz ist Verfassungsrecht
Für die Gewerkschaft steht hinter dem juristischen Streit ein grundlegendes Anliegen: Der Schutz des arbeitsfreien Sonntags. „Der Sonntagsschutz ist ein hohes Gut und deshalb im Grundgesetz verankert“, erklärt Huesmann. Es gehe nicht darum, Northeim gezielt zu blockieren. Man prüfe auch andernorts. So wurde auf einen Hinweis hin auch der verkaufsoffene Sonntag in Seesen angegriffen. Ebenfalls erfolgreich.
Was nun?
Die Stadt Northeim sei nach Ansicht von Huesmann nun in der Bringschuld. Gespräche seien weiterhin möglich, „aber das setzt ein gemeinsames Vertrauen voraus, und das ist schlicht nicht da“, sagt Huesmann noch einmal. Für ihn ist klar: „Eigentlich ist es die Aufgabe der Verwaltung, eine nicht genehmigungsfähige Sonntagsöffnung gar nicht erst zu genehmigen. Prüft sie richtig, müssen wir auch nicht klagen.“ Die NOM MOT (Northeimer Mobilitäts- und Technikschau) ist ein regelmäßiges Event in der Innenstadt, bei dem Autohäuser, Vereine und Unternehmen sich präsentieren. In den vergangenen Jahren war es üblich, dass die Geschäfte parallel ihre Türen öffneten. Das fällt in diesem Jahr nun aus.
NOM MOT 2025 findet wie geplant statt
Ungeachtet des gerichtlichen Stopps für den verkaufsoffenen Sonntag betont Veranstalterin NOM WMT, dass die NOM MOT 2025 wie geplant über die Bühne geht. „Ein Besuch lohnt sich – für die ganze Familie“, sagt NOM WMT-Geschäftsführer Michael Eilers-Turau und richtet einen Appell an die Region: Trotz der Einschränkung durch das Gericht solle das Engagement der zahlreichen Mitwirkenden gewürdigt werden. „Die zahlreichen Attraktionen, Aussteller und Mitwirkenden – insbesondere die Autohäuser, Schausteller und Hilfsorganisationen – haben in den vergangenen Wochen sehr viel Arbeit investiert, um ein starkes Erlebnis auf die Beine zu stellen. Ihr Engagement verdient unsere volle Unterstützung und Wertschätzung.” Northeim bleibe an diesem Wochenende ein attraktives Ausflugsziel, auch mit geschlossenen Geschäften.
Zurück an den Tisch
Im Rathaus akzeptiere man die Entscheidung des Gerichts, erklärt Bürgermeister Simon Hartmann. Zugleich bekräftigt er, dass die NOM MOT weiterhin eine attraktive Veranstaltung bleibe. Überrascht zeigt sich Hartmann dennoch über die Reaktion der Gewerkschaft, schließlich habe es in der Vergangenheit, wie auch Huesmann betont, bereits zahlreiche Gespräche zu den verkaufsoffenen Sonntagen in Northeim gegeben.
Kritisch sieht Hartmann, dass ausgerechnet das Urteil im sogenannten „Möbelhaus-Fall“ vom Dezember nun als Auslöser herangezogen werde. Das halte er für nicht angemessen. Gleichwohl sei man im Rathaus offen für neue Gespräche. Der aktuelle Rechtsstreit stehe dem nicht im Wege. „Wir können uns in der Sache streiten und trotzdem gemeinsam an einen Tisch setzen“, sagt Hartmann und greift damit das Angebot von Huesmann auf, weiterhin nach einer gemeinsamen Lösung zu suchen.