Der Verbrennungsmotor ist böse. Elektroautos sind die Zukunft. Technisch auf jeden Fall – aber wie nah ist das Auto 2.0 am Anspruch der Realität? Am Anspruch des Alltags? Ein Wochenende lang haben wir das ausprobiert.

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Unter Strom

Wie Löwenzahn sprießen im Northeimer Stadtgebiet (und im Landkreis) die von den Stadtwerken geförderten Ladesäulen aus dem Boden. Wer elektrisch unterwegs ist – egal ob Auto oder Fahrrad – darf dort (kostenfrei) „auftanken“. Ist damit der Durchbruch zum Umbruch geschafft? Ist dies der Weg zum elektromobilen Umdenken? Und ist so ein E-Auto eigentlich ein richtiges Auto? Vorab: Es wird leider nicht so einfach sein.

Apropos Löwenzahn. Peter wusste schon Ende der 1970er, dass Elektroautos eine gute Idee sind.

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Ein Wochenende. Ein Elektroauto.

Zusammen mit dem Autohaus Hermann in Northeim habe ich mir für ein Wochenende ein Elektroauto ausgeliehen. Es ist das Stadtfestwochenende mit WM-Start. Eine Zeit, in der viele gefahren werden muss. Das Auto ist ein Renault Zoe – laut Papiere mit bis zu 400 Kilometer Reichweite. Die Frage: Reicht das für ein ganzes Wochenende?

Fast. Die Regel ist: nicht, eh, tanken. Oder Aufladen.

Das Auto. Die Straße. Die Ausgangslage

Elektroautos setzen auch im Jahr 2018 auf Batterien. Immerhin so leistungsstark, dass es möglich ist, zwischen 100 und 400 Kilometer mit einer Ladung zu fahren. Erst dann – so scheint zumindest eine verbreitete Meinung – sind Elektroautos auch wirklich alltagstauglich. Aufgeladen werden müssen diese Batterien trotzdem wieder.

Und das geht nicht so schnell wie einen Benzintank auffüllen. Ingenieure weltweit arbeiten an einer Lösung. Die Zielsetzung: Elektroautos so einfach zu machen wie „normale“ Autos. Die Evolution moderner Technik deutet aber an, dass das der falsche Weg ist. Henry Ford – maßgeblich an der Massentauglichkeit des „normalen“ Autos beteiligt – sagte vor mehr als 100 Jahren. „Was die Menschen wollen, ist ein schnelleres Pferd – und kein Automobil.“

Und genau so ist es jetzt wieder.

Gewohnheitstiere. Ein Zwischenkommentar.

Der Umstieg auf Elektromobilität könnte eine Chance sein, sich von alten Verhaltensmustern zu trennen. Zu erwarten, dass alles so funktioniert wie beim Verbrennungsmotor, ist naiv. Das streben, die Technik dorthin zu entwickeln, ein Rückschritt. Viel eher besteht die Möglichkeit, die Mobilität als solche zu überdenken. Eine Reise in Stücken zu planen und so die Umwelt zu schützen und gleichzeitig Geld und Zeit zu sparen.

Warum sollte auch die Infrastruktur rund um ein E-Auto so denken wie eine normales Auto? E-Tankstellen? Warum?

Induktives Laden über die Fahrbahn, Solarladestation – vor allem aber sind es die Ideen, an die jetzt noch nicht gedacht wird. Weil sich der Markt und die Gedankenwelt rund um die Mobilität der Zukunft noch nicht schnell genug weiterentwickelt. So bequem ist die alte Technik, zu einfach ist es, sie zu „kopieren“.

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Ohne zu tanken

Trotzdem muss der Akku aufgeladen werden. Im Stadtgebiet von Northeim haben die Stadtwerke Northeim hierzu mehrere Ladesäulen aufgestellt. Zum Beispiel direkt am Rathaus, am Parkplatz direkt am Medienzentrum an der Medenheimer Straße, am Scahupensiel und am EDEKA-Markt. Auch Hermann bietet eine Ladesäule für seine Kunden an. Außerdem ist eine Super-Ladesäule am Northeimer Rasthof geplant. „Mit dieser Technik wird es dann möglich sein, den Akku eines Elektrofahrzeuges innerhalb von nur wenigen Minuten voll zu laden. Rund 50.000 Euro wird die Schnellladestation nahe der Autobahnanschlussstelle Northeim-Nord kosten“, heißt es dazu von den Stadtwerken Northeim.

Je länger die Reichweite, desto größer muss der Akku sein. Umso länger dauert es, ihn zu laden. An einer normalen Haussteckdose sind das mal eben 40 Stunden, um den Zoe vollzubekommen. An einer Starkstrom-Ladesäule sieht das wieder anders aus. Gerechnet wird aber trotzdem meistens in Stunden.

Für die Fahrt zur Arbeit im kleinen Umkreis, den Einkauf und die Mobilität auf dem Lande reicht das vollkommen aus. Über Nacht ist der verbrauchte Strom wieder geladen. Für längere Strecken müssen längere Ladepausen eingeplant werden. Aber was spricht dagegen, gleich den Zug zu nehmen?

Fazit

Die Technik ist neu und der Markt entwickelt sich nicht so schnell, wie es beispielsweise das Internet in den 1990ern getan hat. Auch deswegen spricht bisher noch das Bankkonto gegen einen Umstieg auf Elektrofahrzeuge. Schon bei der Anschaffung muss ordentlich draufgelegt werden – das Testfahrzeug kostet mindestens 10.000 Euro mehr als ein vergleichbarer Verbrenner. Zwar ist Strom günstiger als Benzin. Dennoch kostet eine geeignete Ladesäule extra. Und viele werden sich nicht umstellen wollen: Ladezeit, Ladekabel, Langstrecke.

Was aber bleibt ist die Erkenntnis: der Wille ist da. Autohersteller auf der einen Seite und Kommunen auf der anderen Seite richten den Blick in die richtige Richtung. Die Autos nehmen das große E langsam ernst. Und viele Fördertöpfe machen es den Städten und Gemeinden einfacher, die Infrastruktur nachhaltig auszubauen. Was jetzt noch fehlt, ist ein angefixter Konsument.

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