Die Stadt Northeim kontrollierte die Bäume entlang der Friedrichstraße. Während der ganztägigen Vollsperrung haben Experten herausfinden wollen, wie standfest die Linden sind. Vor rund drei Wochen war einer der Bäume nach starken Regenfällen auf ein fahrendes Auto gestürzt. Die Fahrerin wurde schwer verletzt. Doch hätte der Unfall verhindert werden können?
Stadt kontrolliert Bäume
Ip hat eine ganz feine Nase. Und wie jeder Hund schnüffelt er gern an Laternen und Bäumen. Diesmal aber hat er einen Auftrag, denn eben diese feine Nase erkennt, ob Wurzeln und Stamm eines Baumes von Pilzen befallen sind. Gleich dreimal schlug er am vergangenen Sonntag entlang der Friedrichstraße an, am Montag folgte die Vollsperrung. Die Stadt will bei diesen drei Bäumen zusammen mit Experten der Firma Baumvisite mit Messungen klären, ob sie dem nächsten Unwetter, dem nächsten Sturm und dem nächsten Regen standhalten.
Zwei Bäume an der Friedrichstraße müssen weg
Dazu haben Sebastian Sander und seine Kollegen der Abteilung Tiefbau der Stadtverwaltung ein langes Seil, Hebebühne und einen Unimog mit Seilwinde mitgebracht. Daneben hockt Baumexperte Henning Schwarze von der Firma Baumvisite und misst im hundertstel Millimeterbereich den Zug und die Bewegung. Dieses Spiel wiederholen sie an allen drei „Problembäumen“. Passieren kann nichts, versichert Schwarze. „Das Gerät warnt, wenn wir zu fest ziehen.“ Noch vor der Mittagspausen tauschen sie Laptop gegen Motorsäge und Seil gegen Kran, denn zwei der Linden waren „nicht mehr ausreichend standsicher“ und wurden noch am Montag entfernt.
Hätte der Unfall verhindert werden können?
Die Stadt reagiert damit offenbar auf den schweren Unfall vor rund zwei Wochen, als nach heftigen Regenfällen eine der Linden auf ein fahrendes Auto fällt und die Fahrerin schwer verletzt. „Nach dem schweren Unfall (…) in der Friedrichstraße drückt die Stadt Northeim ihr tiefes Bedauern aus und wünscht der verletzten Person alles Gute und eine schnelle Genesung“, lässt eine Sprecherin der Verwaltung mitteilen. Doch diese Reaktion wundert vor allem die Anwohner der Friedrichstraße. Sie hätten schon seit langer Zeit auf die gefährlichen Bäume hingewiesen – ohne Reaktion. Sie sagen: Dieser schwere Unfall hätte verhindert werden können.
Stadt reagiert nicht auf Hinweise?
Beate Sonntag beobachtete die Arbeiten am Montag ganz genau. Vor ihrem Haus war der Baum auf das fahrende Auto gestürzt. Gemeinsam mit den Hausbewohnern Dirk Kunststein, Renate Triebke und Sabrina Spangenberg freut sie sich, dass nun etwas passiert. Aber, so sind sich die vier einig: Das hätte schon viel früher passieren müssen. „Wir haben seit Jahren das Problem, dass Äste auf die Autos fallen und die Bäume immer höher wachsen“, erzählt Sommer. Reagiert habe die Stadt zuletzt vor ein paar Jahren, als einige Bäume zurückgeschnitten wurden. „Seit dem hat niemand reagiert, auch nicht auf unsere Anrufe“, schimpft Sommer. „In Zukunft mache ich das nur noch schriftlich.“
Stadt weiß nichts von Hinweisen
Die Stadt Northeim will auf Anfrage von diesen Hinweisen nichts gewusst haben. „Die verschiedenen Stellen der Stadtverwaltung wurden befragt, ob Hinweise auf den Baumbestand entlang der Friedrichstraße eingegangen sind. Dies hat sich nicht bestätigt“, heißt es aus dem Rathaus. Sollten sich aber Anwohner mit Hinweisen melden, „erfolgt eine umgehende Reaktion durch entsprechende Prüfung des Baumes“. Möglich sei dies zum Beispiel online unter northeim.de
„Das sind ja schöne Bäume“
Bei den Anwohnern sorgt das weiter für Unverständnis. „Es sind ja Experten, die sich diese Bäume regelmäßig anschauen. Warum fällt dabei nicht auf, dass sie zu hoch gewachsen sind oder einen Schaden haben?“, fragt sich Beate Sonntag. Nach einem Sturm sammelt Sabrina Spangenberg immer wieder Äste vom Gehweg und ihrem Auto. Auch auf dem Dach des Mehrfamilienhauses sammeln sich immer wieder Reste der riesigen Linden. „Das sind ja schöne Bäume“, sagt sie, „aber dann muss sich auch darum gekümmert werden.“
Stadt kontrolliert weiter
Inzwischen häufen sich auch im Internet die Kommentare und Hinweise auf weitere Bäume im Stadtgebiet. Das wundern auch Dirk Kunststein nicht. „Sie müssen ja nur ein paar Meter weiter gehen, in den Park. Da wachsen die Bäume riesig und schief“, holt er mit großer Geste aus. „Mann will sich gar nicht vorstellen, was passiert, wenn so ein Ast oder ein Baum auf einen Spaziergänger stürzt.“ Die Verwaltung scheint sich ähnliche Gedanken zu machen. Auf Anfrage bestätigt eine Sprecherin, dass im Stadtgebiet bald weitere Prüfungen über die Regelkontrollen hinaus durchgeführt werden. Dabei handelt es sich um zwei Linden in Hollenstedt und eine Blutbuche im Bereich der Wallanlagen.