Die Holzbrücke am Rhumedamm ist Schrott. Die Folge: Bald schon werde sie gesperrt, weil die Verkehrssicherheit nicht mehr garantiert werden könne. Noch, das betonen Experten der Stadt, trägt sie. Aber die Zeichen der Zeit sind deutlich.

Brücke fault und bricht

Jens Spangenberg ist einer von zwei Brückeningenieuren der Stadt. In den Spalt der tragenden Säule unterhalb der Brücke passt seine ganze Hand. Beim Herausziehen ebendieser hat er jede Menge faules Holz in der Hand. „Eigentlich“, sagt er und zerreibt die Holzbrocken, „hat so eine Brücke eine Lebensdauer von 30 Jahren“. Die Brücke am Rhumedamm hat inklusive Planungs- und Bauzeit nun 40 auf der Uhr. Vier Jahrzehnte Hochwasser und Rhumeströmung, Treibholz und Millionen von großen und kleinen Schritten. Und das, obwohl sie ganz ohne Fundament, Beton oder Stahl gebaut wurde. Die Holzpfähle stecken direkt im Wasser, am Ufer liegt die Konstruktion nur auf. „Warum, das kann heute auch niemand mehr nachvollziehen“, sagt Spangenberg.

Da trägt nichts mehr (v.r.): Jens Spangenberg, Simon Hartmann und Frederik Backhaus betrachten die Unterkonstruktion der Holzbrücke. Am Ufer liegt das Holzkonstrukt bloß auf.

Politische Machtspiele

Nicht nur im Rat wurde das Thema Rhumebrücke in der vergangenen Woche emotional diskutiert. Auch die Öffentlichkeit zeigte sich empört, als die Stadt im Vorfeld der ersten Ratssitzung des Jahres der Politik vorschlug, die Holzbrücke abzureißen. Dabei lagen Pläne und Genehmigungen für einen Neubau aus Aluminium bereits fertig in der Schublade. Das einzige Problem: Sie wäre teurer geworden als zunächst gedacht. Und laut Verwaltung gab es im Vorfeld zu den abschließenden Haushaltsentwürfen aus eben dieser Politik den Druck, Millionen einzusparen. „Wie das passieren soll, sagte man uns aber nicht“, kritisierte Bürgermeister Simon Hartmann in der jüngsten Ratssitzung.

Keine Perspektive für einen Neubau?

An ihr sollte nun der Haushalt genesen. Oder besser: An ihrem Abriss. Der steht immerhin mit Kosten von 100.000 Euro in den Büchern. Ja, so viel. Auch, weil die Stadt neben der Brücke den Zuweg zurückbaten wollte. „Mangels Perspektive für einen Neubau“, so die vorsichtige Begründung. Inzwischen ist klar: Der Rat ist anderer Meinung. Die Brücke wird nicht abgerissen. Wer den Neubau bezahlt, ist allerdings genauso offen wie die Chance, die Brücke bis zu einer Entscheidung – und einem gefundenen Goldtopf – zu erhalten. Denn das Bauwerk aus dem Jahr 1986 ist morsch, marode – ist hinüber. „Die einzig heile, tragende Konstruktion ist das Geländer“, sagt Ingenieur Spangenberg.

Kehrwende im Rathaus

„Niemand stellt die Wichtigkeit der Brücken infrage“, sagt jetzt Bürgermeister Simon Hartmann. Auf den ursprünglichen Tabula-Rasa-Vorschlag seiner Verwaltung angesprochen, heißt es erst, man wollte „konsequent“ mit dem Sparwunsch des Rates umgehen. Später räumt er ein: „Das haben wir falsch kommuniziert, das war nicht unsere Intention“. Die Folge ist allerdings dieselbe: Die alte Brücke wird bald nicht mehr nutzbar sein. Eine Neue ist aufgrund des Preises absehbar nicht realisierbar. Stadtbaurat Frederik Backhaus hatte sich allerdings schon gewünscht, „dass wir etwas Konkretes präsentieren können, bis es zur Sperrung kommt“. Nach einer erneuten Besichtigung sei aber klar: „Wir sprechen hier über wenige Wochen“, spätestens zum nächsten Hochwasser.

Noch trägt das Bauwerk. Aber wie lange noch? Nach der jüngsten Auseinandersetzung zwischen Rat und Verwaltung, steckt das Rathaus in einem Planungsvakuum. Der Neubau war fertig geplant, aber das Geld fehlt.

Am Ende doch nicht konsequent

Mit der Sperrung allein ist die Gefahr aber laut Hartmann nicht gebannt. „Mit dem Abriss hätten wir auch verhindert, dass die Brücke unbefugt weiter benutzt wird.“ Mit der kompletten Maßnahme allerdings auch, dass über einen Neubau jemals gesprochen würde. Gut also, dass die Mitglieder des Rates die Unterlagen, die sie zu sehen bekamen, diesmal ganz genau gegengelesen haben. Die Diskussion um die Brücke kurz vor Toresschluss – also der Zustimmung zum Haushalt – zeigt aber auch, das weder Verwaltung, noch Politik konsequent sein wollten. Weder der Abriss ist genehm, noch der Sparwunsch. Immerhin: Das der Rotstift zum Einsatz kommen muss, darüber sind sich beide Seiten einig. Nur, wie laut es dann knirschen darf, muss noch verhandelt werden.

Woher kommt das Geld?

Denn das eigentliche Dilemma ist ein ganz einfaches. „Die neue Brücke kostet Geld und das müssen wir jetzt irgendwie auftreiben“, so Hartmann. Vorschläge aus ehrenamtlichen Engagement oder privates Geld lehnt er ab. „Infrastruktur ist unsere Aufgabe, ist Aufgabe der Kommune. Das ist unsere Pflicht, also müssen wir eine Lösung finden. Das wird von uns auch so erwartet.“ Zuletzt wurde die Brücke übrigens im September 2022 von einem externen Gutachter geprüft. Schon damals war klar, wohin die Reise gehen wird: Abreißen, neubauen. Damals war aber auch klar – auch vom Rat – Jau, machen wir.

Am Ende kommt es so, wie geplant

Laut Hartmann bemüht sich die Stadt nun, zeitnah den Ausschüssen und schlussendlich dem Rat neue Vorschläge zu machen. Eine erneute Holzkonstruktion ist vom Tisch, auch andere Materialien haben noch nicht überzeugt und bisher sei man im Rathaus mit der einzigen von mehr als 50 Brücken im Stadtgebiet aus Aluminium – am Rhumekanal unweit des Stadions – mehr als zufrieden. Vermutlich kommt es am Ende so, wie es schon in der Schublade lag: Eine Aluminiumbrücke für dann noch einmal zehn Prozent mehr Aufpreis.

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