#AnGedacht ist die Serie auf Northeim-jetzt, in der sich Pastor Jens Gillner der Northeimer Corvinus-Gemeinde ein paar Zeilen Zeit nimmt. Einmal im Monat erscheint seine Kolumne exklusiv auf Northeim-jetzt.

„… wünsche ich Ihnen eine gute und besinnliche Advents- und Weihnachtszeit …“

In den kommenden Wochen kann man diese Zeile wieder öfter lesen. Eigentlich ganz lieb gemeint, doch mich stört etwas daran: An dem Wort „besinnlich“ bleibe ich hängen. Vielleicht, weil ich mir eingestehen muss, dass ich eine „besinnliche Advents- und Weihnachtszeit“ bislang noch nicht erlebt habe. Gewiss, im Kirchenjahr ist die Adventszeit eigentlich wie die Fastenzeit vor Ostern ebenfalls eine stille, besinnliche Zeit – eine innere Vorbereitung auf das große Fest. Aber Hand aufs Herz: Mit was sind wir alles in dieser Zeit beschäftigt. Schon allein die Koordinierung sämtlicher Weihnachtsfeiern und das Besorgen der passenden Geschenke halten uns ganz schön in Atem. Und vom Fasten und Verzichten will ja in dieser Zeit schon mal gar keine Rede sein. Da wirkt der Wunsch nach einer „besinnlichen Advents- und Weihnachtszeit“ schon irgendwie seltsam.

Und doch, glaube ich, dass es bei vielen Menschen in dieser Zeit mehr denn je ein großes Bedürfnis nach Besinnung und Stille gibt.

Advent heißt Ankunft. Christinnen und Christen feiern auf der ganzen Welt feiern in den Adventsgottesdiensten die Ankunft Jesu Christi. Mit ihm will Gottes Frieden und seine Liebe in dieser Welt Raum greifen, eine neue Weltordnung einziehen. Darauf bereiten sie sich vor, um Herzen und Sinne für diese Ankunft offen zu halten, so wie man sich auf einen lange angekündigten Gast vorbereitet, der bald eintreffen wird. Schließlich will man für diesen ja auch bereit sein und sich ganz auf ihn einlassen können, wenn er da ist.

Eine Vorbereitungszeit ist also sinnvoll, wenn Neues bevorsteht, Besinnung geradezu notwendig, wenn man seinem Leben vielleicht hier und da „einen anderen Dreh“ geben will. Wie keine andere Zeit im Jahr bietet sich die Zeit vor dem Jahreswechsel dafür geradezu an, innezuhalten und sich im Stillen darüber klar zu werden: Was möchte bei mir eigentlich Neues ankommen – ein lange verdrängter Wunsch nach Veränderung, eine neue Aufgabe, oder eine andere Einstellung zu manchen Dingen? Und wie setze ich das um?

Oder will ich am Ende des Jahres einfach nur mal aus allen meinen Verpflichtungen aussteigen, mit denen ich mich übers Jahr herumschlage? Will einfach mal die Dinge genießen, zu denen ich übers Jahr nicht so recht gekommen bin?

Wer sich mit solchen Gedanken trägt, dem sei also in jedem Fall und in jedem Jahr aufs Neue „eine gute und besinnliche Advents- und Weihnachtszeit“ zu wünschen. Antje Sabine Naegeli bringt es in einem kleinen Gedicht auf den Punkt: Manchmal stillstehen dürfen. Kein Hierhin, Dorthin, Hierhin. Die Uhr anhalten ohne Furcht. Wenn nichts geschieht, geschieht viel.Und wer das einmal selbst erlebt hat, wird von ganz allein auf so vieles verzichten, was uns sonst in der Adventszeit in ständige Hektik versetzt.

 

Jens Gillner ist Paster der Evangelischen Corvinus-Kirchengemeinde in Northeim

Zur Person

Vorheriger ArtikelIm letzten Eintracht-Spiel des Jahres scheint alles möglich
Nächster ArtikelDiese 8 Dinge tut nur ein Friseur, der sein Handwerk versteht

1 Kommentar

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein