Herrmann ist ein Alltagsheld der naiven Sorte: zum Liebhaben, aber mit dem Talent gesegnet, jedes Fettnäpfchen mitzunehmen. Zumindest die, die ihm sein Schöpfer in den Weg stellt. Herrmann ist eine Comic-Figur, ihr Schöpfer Maxim Seehagen lebt im Landkreis Northeim. Mit seinen „Herrmann-Comix“ erreicht der 20-Jährige mittlerweile zehntausende Fans in den sozialen Netzwerken, Größen wie Ruthe und Joscha Sauer sind seine Inspiration – und selbst schon Fans. Bei Schokolade und Sonnenschein sprechen wir im Schatten des Kreishauses am Münsterplatz über den Charme von Südniedersachsen, die Liebe zum Stift und die vielen guten Dinge, die sich mit Comics bewirken lassen.

Was für ein Herrmann

Maxim ist gerade einmal 20 Jahre alt, macht ein duales Studium beim Landkreis Northeim und kennt als Kreienser die Northeimer Innenstadt für ihr schönes Fachwerk. Für Kunst und Kultur schlägt sein Herz aber doch für Einbeck. Die Bierstadt mit Tangobrücke und Haus der Jugend, mit Weinkeller und PS-Speicher, mit Denni Klose und M1. Mit drei Meter großen Wänden, an denen seine Comics als Street Art verewigt sind. Mit seiner Kunst ist er bereits eine feste und bekannte Größe in der Bierstadt. Seit seiner Kindheit zeichnet Maxim immer wieder verschiedene Motive. Richtig angefangen hatte alles aber mit „Herrmann“.

Maxim Seehagen
Maxim Seehagen ist der Schöpfer der Herrmann-Comix. Zum Interview treffen wir uns am Münsterplatz im Schatten des Kreishauses. Dort macht der 20-Jährige derzeit eine Ausbildung im dualen Studium

Glatze, Kartoffelnase und immer nach dem Motto: Erst reden, dann denken. Herrmann ist ein Herrmann: ein bisschen deutscher Michel, ein bisschen Tunichtgut, aber immer liebenswert und mit guten Absichten. Satire hält seinem Betrachter gerne mal den Spiegel vor. Herrmann macht genau das – wenn auch ohne Spiegel, aber mit glänzender Glatze. Mit der Zeit kamen weiter Figuren hinzu; die Ehefrau und Schwiegermutter. „Es weiß aber noch keiner so richtig, wessen Schwiegermutter es eigentlich ist. Ich auch nicht“, erzählt Maxim und ist vielleicht nicht ganz ehrlich. Neben Herrmann ist „Schwiegermutter“ dank ihres oft tiefschwarzen Humors der heimliche Star der Seehagen-Comics. Auch ein redegewandtes Baby mit Alkoholproblemen oder auch der Zeichner selbst kommen immer wieder vor.

Der Humor ist immer eigen, fast immer aktuell, oft bissig. Wer einen Witz in einem Bild erzählen will, zeichnet einen Cartoon. Mehrere Kästen, also eine kleine Episode, sind schon ein Comic. Herrmann findet in beiden Formaten statt, Maxim Seehagen experimentiert mit Freude durch die Formate. Ganze Comicbücher hat er mit den Cartoons gefüllt. Fast 30.000 folgen Herrmann bereits bei Instagram, tie täglichen Motive erreichen teilweise sogar mehr als 15.000 Likes. Dabei sind sie oft mit aktuellen Themen angereichert und manchmal sogar politisch.

Maxim, maximal

Maxim Seehagen malt, seit er denken kann. „Die Frage ist ja nicht, wann ich damit angefangen habe. Sondern, wann andere damit aufgehört haben“, sagt der 20-Jährige. Wer sich an die eigene Kindheit erinnert, wird schnell merken: er hat recht. Jeder von uns hat als Kind irgendwas gemalt, gekritzelt und gezeichnet. Und irgendwann damit aufgehört. Maxim fand aber Erfüllung, intensivierte seine Kunst, kaufte sich Bücher, lernte. Spätestens im Grundschulalter wurde es ernster. Comic-Zeichner wie Ralph Ruthe oder Joscha Sauer eroberten mit ihren Bilder und Sprüchen das Internet, für Maxim Vorbilder und Inspiration zugleich.

Trotz seiner enormen Kreativität ist der junge Künstler eher zurückhaltend, was die Einschätzung seiner Arbeit angeht. Dass seine Comics in der Einbecker Morgenpost gedruckt werden, beeindruckt ihn. Seine Bilder als Streetart in Einbeck machen ihn stolz, vor allem aber die Reaktionen seiner Fans und Idole bekräftigen ihn darin, weiterzumachen. Flyer und Aufkleber hat er genau so immer mit dabei wie sein Tablet-Computer, auf dem er mittlerweile seine Comics zeichnet. „Bis vor kurzem habe ich sie ganz normal auf Papier gezeichnet, gemalt und dann eingescannt. Mit dem PC ist es jetzt aber deutlich einfacher, vor allem, wenn ich unterwegs bin.“ Fast zwei Stunden dauert es von ersten Strich bis zum fertigen Cartoon. Die Idee dazu war dann schon fertig im Kopf. „Es sind meistens Alltagssituationen, die mich inspirieren.“

Für eine bessere Welt

Maxim Seehagen nutzt seine Reichweite und die Popularität seiner Kunst auch immer wieder für die gute Sache. So nutzt er die Plattform politisch, steht für Diversität und Anti-Rassismus ein. Zum Start der Corona-Krise kreierte einen neuen Charakter – den wütenden Hamster Goldi, inspiriert durch die Hamsterkäufe. Das etwas cholerische Tier wurde schnell populär und wurde auch von größeren Medien aufgegriffen. Handgemachte Gesichtsmasken – „Die hat meine Oma genäht“ – bedruckte er mit dem kleinen Nager Stück für Stück und verkaufte sie für den guten Zweck, den Erlös spendete Seehagen an die Tafel in Einbeck.

Als in Krisenzeiten die DRK-Ortsvereine zur Blutspende aufrufen, kommt über eine ehemalige Lehrerin der Kontakt zustande. Maxim zeichnet im Herrmann-Stil einen Blutspende-Helden und stellt ihn allen Vereinen zur Verfügung, die ehrenamtlich Blutspenden anbieten und vor der Nutzunganfragen – kostenfrei!

Herrmann als Superheld: Mit diesem Motiv dürfen Vereine, die ehrenamtlich Blutspenden anbieten, in Zukunft werben. Eine ehemalige Lehrerin Seehagens bat ihn, bei der Werbung zu unterstützen. Jetzt dürfen alle etwas davon haben.

Bis ein solches Motiv fertig ist, vergehen schon mal fast zwei Stunden, sagt Maxim. Inzwischen postet er fast täglich neue Comics und Cartoons auf seiner Instagram-Seite. Seit einigen Jahren veröffentlicht er außerdem zusammen mit dem „Plem Plem Productions“-Verlag aus Bamberg Comicbücher und Hefte. Im Jahr 2017 gewann er den Münchner Comicpreis als bester Online-Comic Deutschlands. Wohin die Reise geht? Maxim Seehagen möchte weiterhin täglich etwas veröffentlichen, sich neue Comics ausdenken und die Plattformen wachsen lasen. Von dieser Kunst leben können nur wenige. „Ein Traum wäre das schon“, sagt Maxim.

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